Gott kennt dich mit Namen
Ein Name ist wichtig. Eltern grübeln lange darüber, welchen Namen sie ihrem Kind geben sollen. Vielleicht soll es ein besonders ausgefallener Name sein, vielleicht ein Name der Tradition hat in der Familie, vielleicht erinnert man mit dem Namen an einen Verwandten. Eine wichtige Entscheidung. Unseren Namen tragen wir mit uns durchs Leben. Oft tragen wir ihn sogar vor uns her. Sie kennen das vielleicht, wenn man einen Namen schon gehört hat, aber es fehlt noch das Gesicht dazu. Man hat sich noch nicht richtig kennengelernt. In der Taufe wird uns etwas von Gott zugesprochen. Gott verspricht: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jesaja 43,1) Gott kennt uns mit Namen, er spricht uns an.
Wir verlesen in unseren Gottesdiensten die Namen der Verstorbenen. In jedem Gottesdienst die Namen der Verstorbenen aus der jeweiligen Woche und Ende November am Ewigkeitssonntag alle aus dem vergangenen Kirchenjahr. Wir wollen uns erinnern. Wir wollen nicht vergessen. Von Geburt an habe ich einen Namen. Noch lange bevor ich selbst sprechen kann habe ich einen Namen. Und der Name bleibt, wenn ich nicht mehr bin. Auf einer Steintafel auf dem Friedhof. In vielem, was ich hinterlasse, bleibt mein Name sichtbar. Wenn noch lange nach der Beerdigung Post ins Haus kommt und mit einem Mal wird es so deutlich: Da ist der Name. Der Name, mit dem man so viel verbindet. Aber die Person, die diesen Brief eigentlich öffnen sollte, die ist nicht mehr da. Und jeder Name, der verlesen wird ist die Abkürzung für eine ganze Lebensgeschichte. Manche Geschichten waren länger, andere kürzer. Manche viel zu kurz. Alle ausnahmslos so vielschichtig, dass kein Roman der Welt sie ganz erzählen könnte. Wir hören Namen, die von Klingelschildern, aus Kundenkarteien, Telefonbüchern und Geburtstagskalendern verschwunden sind – oder bei denen wir es einfach noch nicht übers Herz gebracht haben, sie aus dem Handy zu löschen.
Wir erinnern uns, indem wir Menschen beim Namen nennen. Gott kennt uns beim Namen. Er vergisst Sie nicht und er löscht Sie niemals aus seiner Kontaktliste. Sie sind für immer eingespeichert unter den Favoriten. Ihr Name ist Gott wichtig, weil Sie ihm wichtig sind. Und sein Versprechen gilt auch über den Tod hinaus: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jesaja 43,1) Wenn dieser Gott für Sie nur ein Name ist, dann lade ich Sie ein ihn kennenzulernen.
Ihr Pastor Tim Rathjen
Vergleiche
Andacht zum 11. Sonntag nach Trinitatis am 15. August 2021
Ein Mensch sitzt vor‘m Kamin und denkt über sein Leben nach. Was gewesen ist. Wo er jetzt steht. Was er sich erarbeitet hat. Aber auch: Was ihm Gutes geschehen ist. Was ihm an Fügung widerfahren ist. Was ihm geschenkt wurde. Und das ist viel.
Der Mensch ist dankbar. Und er spürt es in sich. Wie gut sich letztlich alles doch gefügt hat, dass er zurückblicken kann auf ein gelungenes Leben - und auf die Annehmlichkeiten, die es jetzt für ihn bereithält. Das bewegt ihn.
Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Deshalb spricht er Gott an und sagt: „Danke. Danke für diesen Weg. Dass du mich sicher geführt und geleitet hast, dass ich nicht auf Abwege geraten bin. Dass ich hier angekommen und nicht falsch abgebogen bin. Aus mir hätte unter anderen Bedingungen ja auch was ganz anderes werden können: Ein Getriebener, Griesgrämiger, Heuchler; oder vielleicht ein Bettler oder Verbrecher. Dass du mich diesen Weg geführt hast und nicht einen anderen: Dafür danke ich dir, Gott, aus meinem tiefsten Herzen.“
Ganz woanders an einem anderen Kamin ein anderer Mensch: Dem kommen ganz andere Dinge in den Sinn. Momente, in denen er versagt hat. Momente, in denen er einen falschen Weg eingeschlagen hat, in denen er Mist gemacht hat. Momente, die er bereut. Tief bereut. Auch er ist bewegt davon, hält sich die Versäumnisse vor. Und sagt zu Gott: „Verzeih mir. Wie konnte ich nur? Meine Schuld lastet auf mir. Es tut mir so leid, was ich getan habe. Gibt es noch einen Weg da raus, dann zeige ihn mir. Bitte! Und ich will tun, was ich kann, um zu heilen, was ich zerbrochen habe.“
Eine solche Geschichte gibt es in Lukas 18, dem heutigen Evangelium. Der Dankbare ist dort ein Pharisäer, der Geknickte ein Zöllner, der im Tempel vor Gott seine Scham zusammenfasst in dem Satz: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Und über diesen Zweiten sagt Jesus: “Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener.“
Klare Sache, wie es scheint. Wer das Gelungene sieht, seinen Weg damit als besser und sich damit als was Besseres sieht, ist auf dem Holzweg. Wer dagegen seine Fehler einsieht und bekennt, geht gerechtfertigt in sein Haus. Und da ist auch was dran. Vielleicht sollten wir tatsächlich öfter mal unser Versagen vor Gott bringen.
Und dennoch: so schwarz-weiß ist die Welt doch gar nicht! Wir kennen doch auch beide Seiten an uns. Und nur weil ich dankbar bin, sehe ich mich nicht gleich als was Besseres an (wobei, wenn ich ehrlich bin, manchmal vielleicht schon …).
Doch Vorsicht: Wer sich jetzt besser fühlt, weil er seine Schuldgefühle eingesteht, tut letztlich nichts anderes, als sich zu überheben. Die Lösung liegt nicht darin, sich selbst zu geißeln. Sondern darin, Schluss zu machen mit allem Vergleichen.
Besser und schlechter als andere sind wir sowieso alle, kommt nur auf den Bereich an. „An die eigene Nase fassen“, sagt der Volksmund. Und das dann in Gottes Hand legen, sagt unser Text.
Dann wird klar, wie wenig die eigenen „Errungenschaften“ im Angesicht Gottes zählen. Dass wir eigentlich gar nichts vorzuweisen haben, uns stattdessen ganz ver-lassen können - auf Gott. Bei ihm ist niemand besser oder schlechter, sondern alle gleich bedürftig - und gleich geliebt!
Denn Gott nimmt jeden Menschen so, wie er ist. Und er nimmt ihn darin an. Wer das erlebt, wirklich angenommen zu sein, kann Schwächen bekennen und zugleich dankbar sein. Und wenn das dann auch noch auf andere abfärbt - das Annehmen -, um so besser… AMEN
Schulpfarrer an der BBS Wechloy
Was gut tut
„Gute Nachricht“ lautet die Übersetzung des griechischen Wortes „Evangelium“. Ich glaube: Wir brauchen gute Nachrichten. Wir brauchen sie mehr, als wir oft meinen.
Doch oft sieht es anders aus, liest es sich anders, klingt es anders. Schlechte Nachrichten verkaufen sich besser. Sie bleiben in Erinnerung. Sie werden eher weiter getragen und befriedigen das Interesse der Menschen. Kürzlich sah ich eine Nachrichtensendung und in den 15 Minuten gab es nicht eine gute Nachricht. Mich hat das ganz traurig zurück gelassen. Und ich habe gedacht: Das stimmt nicht. Es kann nicht sein, dass es an diesem einen Tag keine einzige gute Nachricht gab, die es wert gewesen wäre, in den Nachrichten gesendet zu werden. Es gibt doch jeden Tag, den Gott uns schenkt, so viele Nachrichten, die es verdient haben, gehört zu werden, gesehen und gedruckt zu werden.
In der Bibel gibt es ein Wort, das uns auffordert, solche Nachrichten zu suchen:
"Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit,
so wird euch das alles zufallen",
sagt Jesus am Ende des Abschnitts in der Bibel, im Evangelium des Matthäus, in dem es um das Schätzesammeln und Sorgen geht (Mt. 6, 19-34). Es geht darum, das zu suchen, was unserem Leben einen Sinn und eine Richtung gibt.
Ja, es gibt sehr viel, um das wir uns zurecht sorgen können, manchmal auch müssen: Aber zu viel sorgen lenkt uns ab. Es frisst uns auf. Es lähmt uns und macht uns unzufrieden.
"Sorgt euch nicht um euer Leben,
was ihr essen und trinken werdet.
Seht die Vögel unter dem Himmel an:
sie säen nicht, sie ernten nicht,
sie sammeln nicht in die Scheuen;
und euer himmlischer Vater ernährt sie doch."
Das ist keine Träumerei, sondern ein Zuspruch. Eine Zu-mutung im positiven Sinn. Denn Mut tut gut. Und es ist auf jeden Fall eine gute Nachricht.
Diese gute Nachricht hat etwas mit Vertrauen zu tun. Dem Vertrauen, dass mein Leben von Anfang an und bis zum Ende hin aufgehoben und getragen ist von Gott. Nicht die schlechten Nachrichten haben das letzte Wort, sondern die guten. Und wir können diese Nachrichten nicht nur suchen, hören und sehen, so dass uns die Augen aufgehen. Wir können sie auch weitererzählen, teilen und so vermehren, mit Herzen, Mund und Händen, jeden Tag.
Ihr Kreispfarrer Lars Dede, Bad Zwischenahn
An der Nordsee
Ich liebe die Nordsee und ihre Inseln – und die Geschichten, die dort erzählt werden!
Z.B. auf Terschelling. Das ist die Insel der Cranberries, dieser kleinen roten Früchte, die eigentlich aus Nordamerika kommen. Roh sind sie ungenießbar, gekocht dann eine Delikatesse, außerdem entzündungshemmend und gut für die Wundheilung.
Man erzählt sich, dass in einer Novembernacht 1845 ein Sturm aus Nord-West über der Nordsee tobte und ein Insulaner am nächsten Morgen am Strand nach angespülten Schätzen suchte. Was er fand, war ein altes Holzfass. Voller Vorfreude versteckte er es erst mal in den Dünen, denn Fundsachen sind beim Bürgermeister zu melden. Später kehrte er zurück und öffnete es. Voller Vorfreude hatte er mit einem guten Tropfen Hochprozentigem gerechnet. Doch wie enttäuscht war er über das, was er fand: harte rote Beeren, die noch dazu scheußlich schmeckten! Enttäuscht kippte er den Inhalt in die Dünen …… Wo dann, einige Zeit später die Saat aufging. Es wuchsen Cranberry-Sträucher und brachten reiche Ernte.
Heutzutage sind die Cranberries von Terschelling nicht wegzudenken. Sie werden dort jeden Herbst geernet. Ein kleiner Teil wird frisch verkauft. Der größere Teil wird zu leckerer Konfitüre, gut schmeckendem Saft und Kompott verarbeitet. Das Ganze mit ECO-Zertifikat, denn die Pflanzen kennen nichts als Nordsee-Wind, Sand und Sonne.
Einige Touristen kommen im Herbst extra auf die Insel, um zu ernten, was noch übrig ist. Alle sind sich einig: dies ist das „rote Gold“ der Insel! Falls Sie selbst einmal dorthin kommen, überzeugen Sie sich selbst und probieren Sie mal!
Und wenn Ihnen die Stürme des Lebens mal etwas vor die Füße spülen, was sie auf den ersten Blick für ungenießbar halten, haben Sie ein wenig Geduld: wer weiß, was für eine goldene Saat bei Ihnen mit der Zeit aufgeht.
Klinik- und Hospizseelsorgerin im Kirchenkreis Ammerland
Vor ein paar Tagen war es mal wieder soweit:
Politiker*innen verschiedener Parteien mahnten, dass nun aber die Kinder im Vordergrund stehen müssten. Es dürfe nicht sein, dass Urlaube möglich und Geschäfte offen sein dürften, Schulen aber wieder geschlossen würden.
Auch eine Begründung für diese Forderung war zu hören: Die Kinder sind die Wirtschaft von morgen.
Dieser Satz hat mich nahezu fassungslos gemacht!
Wohin ist unsere Gesellschaft gekommen, dass Kindheit vornehmlich unter dem Aspekt ihrer Verwertbarkeit für eine zukünftige Wirtschaftsleistung betrachtet wird? Wo bleibt die Wertschätzung der Kindheit an sich, als einer eigenen, besonderen und nicht wiederholbaren Lebenszeit?
Selbst wenn oben genanntes Beispiel besonders extrem sein sollte, ist mir in den letzten Wochen doch immer wieder aufgefallen, dass Wort ‚Kind‘ oder ‚Jugendliche‘ meist zusammen mit dem Wort ‚Schule‘ genannt wurde. Als ob Kinder und Jugendliche nicht einen Großteil ihrer Zeit außerhalb der Schule verbringen würden. Als ob sie nicht auf soviel mehr verzichten mussten als den Präsenzunterricht. Viele Kinder und Jugendliche hatten über Monate kaum Kontakt zu Freunden und Freundinnen, sie konnten ihre Hobbys nicht ausüben, sie konnten nicht in den Zoo, den Freizeitpark, ins Schwimmbad…
Da kann es ja wohl nicht ernsthaft ein Ausgleich sein, dass es nun auch Lernangebote für die Ferien gibt, damit versäumter Unterrichtsstoff nachgeholt wird.
Ich muss zugeben: Auch in der Bibel ist nicht gerade oft von den Bedürfnissen von Kindern die Rede. Aber neben ein paar anderen Stellen gibt es diese kleine wunderbare Szene, in der Kinder zu Jesus kommen wollen, aber von den Jünger*innen schroff zurückgewiesen werden. Darüber wird Jesus gewaltig wütend und weist die Erwachsenen zurecht: „Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht, denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes da.“
Das heißt doch wohl: „Ihr als Erwachsene könnt eine Menge von Kindern und Jugendlichen lernen. Sie wissen Dinge, die ihr längst vergessen habt. Sie machen Erfahrungen auf eine Art und Weise, wie ihr es euch nicht mehr traut. Sie nehmen wahr, was sie fühlen, während ihr so viel verdrängt.“
Und weiter sagt Jesus: „Wenn ihr, die Erwachsenen, nicht werdet wie die Kinder, dann werdet ihr nichts vom Reich Gottes erfahren.“
Vielleicht sollten Politker*innen und Wissenschaftler*innen mal die Kinder und Jugendlichen selbst fragen, was sie eigentlich brauchen und was ihnen jetzt gut tun würde.
Ich wünsche jedenfalls allen Kinder und Jugendlichen unbeschwerte, sonnenreiche, fröhliche Ferien – mit Festen, mit Ausflügen, mit Partys, Badeseebesuchen und was sonst noch alles dazu gehören mag.
Pastorin Wiebke Perzul, Elisabethfehn
Wieder gemeinsam … auf dem kürzesten Weg zur Seele
Vieles war „vor Corona“ selbstverständlich, wonach wir uns während des Lockdowns gesehnt haben, und wofür wir neu dankbar sind, weil es nun wieder gemeinsam geht:
wieder gemeinsam … ein Familienfest feiern
wieder gemeinsam … gute Gespräche und ein Glas Wein im Freundeskreis genießen
wieder gemeinsam … eine Dienstbesprechung haben und sich mit Kolleg*innen austauschen
wieder gemeinsam … zur Schule gehen
wieder gemeinsam … durch die Stadt bummeln
wieder gemeinsam … Sport treiben
Ganz besonders froh und dankbar bin ich, dass es in diesen Tagen in unseren Kirchen heißt „wieder gemeinsam … singen und musizieren“: Viele Gemeinden, Chöre und Instrumentalgruppen im Ammerland und in den anderen Kirchenkreisen im Oldenburger Land musizieren an diesem Sonntag das gleiche Lied „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“. Der gemeinsame Gesang darf zurückkehren in unsere Gottesdienste – das wird an diesem Sonntag vor den Sommerferien kraftvoll, schwungvoll und mit aller gebotenen Achtsamkeit gefeiert.
Texte der hebräischen Bibel machen darauf aufmerksam, dass Atem, Stimme und die Lebenskraft Gottes eng zusammengehören. Dort sind „Seele“ und „Kehle“ ein und derselbe Begriff und bedeuten auch Vitalität, sprudelnde Lebensenergie, Leidenschaftlichkeit. Im Lied, wenn Seele und Kehle sich äußern, legt die Bibel nahe, kann der Mensch die Gegenwart Gottes ahnen.
Jeder Mensch kann singen, kann tönen, hat eine Stimme – einzigartig und unverwechselbar. Auch wenn die Stimme in Kindertagen nicht geweckt und genährt wurde (oder im Musikunterricht zum Verstummen gebracht wurde), lässt sich das nachholen. Denn jede Seele kann singen, wenn wir sie den Weg durch die Kehle hindurch finden lassen. Das kostet zunächst ein wenig Mut. Unter der Dusche lässt sich ein Anfang machen. Oder bei einem Waldspaziergang. Vielleicht hilft ein vertrauter Mensch, ein Chor, oder ein Gottesdienst, in dem – wieder gemeinsam – gesungen wird und es keine falschen Töne gibt. Es ist ein Abenteuer, die eigene Stimme zu erkunden, singen ist gesund, und es ist ein Weg - vielleicht der kürzeste - zu unserer Seele.
„Das Singen ist die eigentliche Muttersprache des Menschen: dann ist sie die natürlichste und
einfachste Weise, in der wir ungeteilt da sind und uns ganz mitteilen können – mit all unseren
Erfahrungen, Empfindungen und Hoffnungen.“ beschreibt es Yehudi Menuhin, „wenn einer aus seiner Seele singt, heilt er zugleich seine innere Welt. Wenn alle aus ihrer Seele
singen und eins sind in der Musik, heilen sie zugleich auch die äußere Welt.“
Meiner inneren und äußeren Welt tut es gut, wenn alle wieder „aus ihrer Seele singen“. Dankbar freue ich mich auf gemeinsames Singen und Klingen, Tanzen und Musizieren – auf dem Weg zu mir, zu meinen Mitmenschen und zu Gott:
„Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Erde verändert ihr altes Gesicht.
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Erde lebt auf und wird licht.“
Prädikantin Meike Bruns, Westerstede
In den letzten Wochen haben sich Kinderkirchenmitarbeiterinnen getroffen und miteinander eine „Zeitreise“ für Kinder geplant. Wir werden uns mit der Geschichte, die die Königin Esther erlebt hat, in das alte Persien begeben.
Da ist ein schönes jüdisches Mädchen, gerade sie wird ausgewählt und wird Königin.
Da ist der König, dem man auf keinen Fall widersprechen darf und dessen Befehle auf jeden Fall befolgt werden müssen.
Da ist ein Minister, der nicht genug Macht haben kann, der das Eigentum und gleich auch das Leben der Juden nehmen will - Glück, Not, Bedrohung und Rettung durch Klugheit und Mut … alles ist in dieser spannenden Geschichte enthalten.
Ja ABER wo ist denn da Gott? Eine Geschichte in der Bibel und keine Rede von Gott?
Gerade das gefällt mir daran. Also, nicht, dass keine Rede von Gott ist, aber dass wir eben erst einmal genauer hinschauen, uns Gedanken machen, suchen müssen.
Und dann gibt es viele Begebenheiten, wo sich Gott „versteckt“ hat.
Dass gerade dieses jüdische Mädchen vom König zur Königin gewählt wurde, dass sie in Gefahr kluge Ideen und überhaupt den Mut zum Handeln hat. Ja und dass das Volk Gottes am Ende gerettet war.
Gott war dabei, es gab Glück aber eben auch Bedrohung, Not und Lebensgefahr.
Das Bild, mit dem wir den Kindern diese kniffelige Mischung erklären wollen, ist das Labyrinth.
Sackgassen, Umwege und dann doch das Ziel. Und immer, in jedem noch so kleinen Winkel ist Gott dabei.
Und nur Gott könnte uns verraten, warum er sich dabei auch so versteckt.
Na dann machen wir es eben wie die Kinder:
Suchen - und total freuen, wenn uns das Finden gelungen ist.
Kreisjugenddiakonin Evelyn Nell, Wiefelstede und Edewecht
„Herzlich Willkommen“
sind die ersten Worte, die man als Gast zu hören bekommt, wenn man den Albrechtshof betritt. „Herzlich Willkommen“ kann man auch immer wieder lesen, wenn man mit dem Fahrstuhl in die einzelnen Etagen fährt, wie oben auf dem Foto zu sehen ist.
Herzlich willkommen, fühlt man sich, wenn man dem Hinweis „Suchen Sie einen Stillen Ort“ folgt. Denn dann landet man in der kleinen Martin Luther King Kapelle im Untergeschoß. Hätten Sie gedacht, dass es sich beim Albrechtshof um ein Hotel handelt?
Ja, es ist ein christliches Hotel der Berliner Stadtmission mitten in Berlin, direkt am Bahnhof Friedrich- straße, fünf Minuten zu Fuß ins Regierungsviertel, zum Brandenburger Tor, zum Spreebogen oder auch zum Tiergarten.
„Herzlich Willkommen“ sind die beiden Worte, in denen das Leitbild der Berliner Stadtmissi- on und damit des Hotels, zu- sammengefasst sind, die folgen- dermaßen lauten: „Wir begeg- nen Menschen und nehmen wahr, was sie brauchen. Wir le- ben Gemeinschaft, stellen prak- tische Hilfen bereit und ermuti- gen dazu, den christlichen Glau- ben zu entdecken.“
Das Wort „Willkommen“ war bereits im Mittelalter bekannt und wurde „willekomen“ geschrieben. Da- mals wurde es im folgenden Sinne gebraucht:„Wenn jemand eingeladen war, so ist er nach Willen (=Wunsch) gekommen.“ Wenn also eine Person ein gern gesehener Gast war, über dessen Besuch man sich freute, dann hieß man diese Person willkommen. Das klappt übrigens heute noch genauso und es tut beiden Seiten gut. Dem Gast und den Gastgebenden. Probieren Sie es aus.
Im Albrechtshof pflegt man diese Gastfreundschaft seit 1910. Neben Geschäftsleuten suchten das Haus vor allem durchreisende Familien und allein reisende Frauen gern auf. Während der NS-Zeit fanden dort Treffen des Reichsbruderrates der Bekennenden Kirche statt. In den letzten Monaten des 2. Weltkrieges beherbergte es die Augenklinik der Charité und einen Pharmaziehandel. Während der SED- Herrschaft war es Treffpunkt unzähliger Familien, die durch die deutsche Teilung getrennt waren.
Als eines von zwei nicht der staatlichen Reglementierung unterworfenen Häusern war es außerdem der Garant für die Durchführung gesamtdeutscher wie internationaler Kirchentagungen. In diesem Zusam- menhang weilten hochangesehene Kirchenvertreter im Haus, unter anderem Martin Luther King, dessen Namen heute die Andachtskapelle trägt.
„Herzlich Willkommen“ fühlte auch ich mich als Städtereisende. Von Anfang an, hatte ich im Albrechtshof ein „Zuhause auf Reisen“. Ich kann es nur weiterempfehlen. Ein Schwesterhotel gibt es in Wittenberg, das Luther-Hotel. Nicht zuletzt unterstützt man mit einer Übernachtung die christlich soziale Arbeit der Berliner Stadtmission, getreu dem Motto: Wohlstand hilft Wohlfahrt. Mit dem Kaffee übrigens auch.
Seien Sie herzlich gegrüßt,
Ihre Pfarrerin Ute Thräne, Westerstede
Tootles verlorene Murmeln
Wir sind unser ganzes Leben auf der Suche nach unseren verlorenen Dingen. Oder Verlorengeglaubtes. Sei es das Kinderspielzeug, das entweder weitergegeben wurde oder beim dritten Umzug auf dem Dachboden wergessen wurde. Sei es das Paradies oder die eigene Unschuld. Bis hin zu dem Verlust geliebter Menschen. Doch was oder wonach genau suchen wir dabei?
Kann etwas verloren sein, dass noch immer in unserem Herzen wohnt?
Ich erinnere mich an mein verlorenes Stofftier aus meiner Kindheit. Der kleine Igel existiert nur noch auf einem Foto und in den Erinnerungen.
Ich erinnere mich auch daran, vieles dadurch verloren zu haben, weil es einfach nicht mehr in meinem Kopf zu finden ist.
Ich bin innerlich zerrissen über den Verlust meines Schwagers, der vergangenes Jahr viel zu früh und viel zu plötzlich von uns gehen musste. Meine Gedanken kreisen um die Erinnerungen an und mit ihm. Aus Angst ihn zu vergessen bzw. ein weiteres Mal zu verlieren.
Ich erinnere mich an den Schmerz meiner Schwester, den ich nicht mal im Geringsten fühlen kann. An meinen zweijährigen Neffen, der diesen Verlust nicht mal begreifen kann. Zumindest nicht nach den kognitiven Maßstäben der Erwachsenen.
Ich erinnere mich an Tootles verlorene Murmeln. Tootles sucht sie sein ganzes Leben lang. Genauso wie er werden wir manchmal für unser Suchen belächelt. Und wir können ebenfalls wie er an dieser Suche verrückt werden.
Tootles findet seine Murmeln nicht. Peter Pan bringt sie ihm aus dem Nimmerland wieder zurück. Und dann fällt es ihm ein: Er konnte sie nicht finden, weil er sie mit den Erinnerungen seines Kopfes gesucht hat und nicht mit den Erinnerungen seines Herzes.
Es kann nichts verloren sein, wenn es in unserem Herzen wohnt. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Vikar Florian Schneider, Friedrichfehn-Petersfehn
„Der Menschensohn ist gekommen,
zu suchen und selig zu machen,
was verloren ist“
(Lk19,10) - Wochenspruch am 3.Sonntag nach Trinitatis
Als Kind war es für mich immer ein ganz besonderes Erlebnis, mit meiner Mutter zum Einkaufen nach Hannover zu fahren. Mit dem Bus ging es aus dem 800-Einwohner-Dorf in die Großstadt. Was es da alles zu sehen und zu erleben gab! So viele Geschäfte, Straßen und Menschen! Wie schnell konnte ich in dem Gedränge verloren gehen. Aber meine Mutter konnte mich immer beruhigen:“ Wenn du mich nicht mehr siehst, bleibst du sofort stehen und wartest. Ich suche dich, und ich finde dich.“ So fühlte ich mich immer ganz sicher, denn ich wusste: Ich gehe nicht verloren. Meine Mutter sucht und findet mich. Bis heute weiß ich, wie sich diese Gewissheit anfühlt, wie sorglos ich auch im größten Gedränge sein konnte.
So, und das glaube ich ganz fest, so ist das auch mit Gott. Er sucht und er findet mich. Ich gehe nicht verloren, wie unübersichtlich und bedrohlich das Leben auch sein mag. Da, wo ich Gott aus dem Blick verliere, da wo ich mich verloren oder vergessen fühle, da, wo ich nicht weiter weiß, da ist es gut, innezuhalten und auf Gott zu vertrauen.
Und dann steht Gott neben mir und sagt:“ Ich bin ja da, du gehst nicht verloren“.
Und wir beide feiern das Leben.
Pastorin Dorothee Testa, Zwischenahn
Glaube und Hoffnung
Liebe Menschen in unserem Kirchenkreis!
Glaube und Hoffnung
Mit diesen Worten ermutigte mich ein Hotelier am Telefon vor Kurzem dabei, dass im Juli eine Reise in sein Haus möglich sein könnte.
Ich war darüber sehr erstaunt und habe mich spontan über seine Aussage gefreut.
Denn als Pastor bin ich ja quasi Experte für Glaube und Hoffnung.
Doch in dieser besonderen Zeit fällt es vielen Menschen immer wieder schwer, zu glauben und zu hoffen.
Denn das persönliche und gemeinsame Leben werden seit über einem Jahr auf eine harte Probe gestellt.
In den Bereichen Arbeit, Kindergarten, Schule, Sport, Kunst und Kultur hat sich so Vieles verändert.
Homeoffice, Homeschooling und Streaming sind an die Stelle von Arbeiten im Büro, Lernen in der Schule und Besuch von Theateraufführungen, Konzerten oder Fußballspielen getreten.
Dadurch hat sich das Leben von Kindern, Jugendlichen oder Kulturschaffenden zum Teil um hundert Prozent gedreht gegenüber der Zeit vor dem März 2020.
Dabei ist es doch so wichtig, andere Menschen zu sehen, mit ihnen zu arbeiten, gemeinsam den Unterrichtsstoff durchzugehen oder miteinander Sport und Musik zu machen.
Zu glauben und zu hoffen geben mir persönlich jedoch immer wieder Kraft und machen Mut, gerade in der momentanen Zeit.
Als Pastor darf ich den Menschen in der Willehad Kirche in Wahnbek Gottes Wort sagen und mit ihnen gemeinsam darüber nachdenken. Auf dem Foto ist der Altarbereich der Kirche zu sehen.
Am Anfang jeder Predigt am Sonntagmorgen in der Kirche steht der so genannte Kanzelgruß aus dem 2. Korintherbrief. Es ist der Wochenspruch für den Sonntag Trinitatis (30. Mai).
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen. (2. Korinther 13,13)
Wir stellen uns damit ganz deutlich unter die Gnade Gottes, nehmen seine Liebe auf als miteinander durch den Glauben verbundene Menschen, als Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Darum geht es doch: der Glaube verbindet Menschen. Er stärkt und ermutigt sie. Er schenkt ihnen Fröhlichkeit und Gelassenheit.
Darüber bin ich in dieser so ungewöhnlichen Zeit immer wieder von tiefstem Herzen dankbar.
Durch das nun endliche voranschreitende Impfen sind hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft wieder mehr gemeinsame Dinge zwischen Menschen möglich: der ungezwungene Besuch bei Freunden*innen, die Gratulation zum besonderen Geburtstag oder zum Hochzeitsjubiläum in der Kirchengemeinde, das Singen in Gottesdiensten oder Andachten.
Bleiben Sie und Ihr behütet durch die Gnade unseres Gottes, des Vaters, des Sohnes und des
Heiligen Geistes. Amen.
Pfarrer Gundolf Krauel, Rastede-Wahnbek
Von Rätseln und Geheimnissen
Waren Sie schon mal in einem Escape Room? Man wird als Gruppe in einem Raum eingesperrt und hat eine Stunde Zeit, um aus diesem Raum zu entkommen. Dazu muss man viele verschiedene Rätsel lösen, die letztendlich zum rettenden Schlüssel führen. Das ist die Grundidee. Mittlerweile gibt es viele verschiedene Geschichten, die in so einem Escape Room stattfinden. Natürlich gibt es das alles auch im Internet, nicht erst seit Corona. Immer geht es darum, dass Rätsel gelöst werden müssen. Das macht Spaß. Es geht darum genau hinzuschauen, logisch zu denken und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Nebenan sitzt jemand und beobachtet alles. Wenn es gar nicht vorangeht, dann kommen hilfreiche Hinweise aus dem Nebenzimmer. Ziel ist es natürlich ohne diese Hilfen und in möglichst kurzer Zeit alle Rätsel zu lösen. Denn es ist möglich und das weckt den Ehrgeiz es ganz alleine zu schaffen.
Schwierig wird es, wenn man Rätsel mit Geheimnissen verwechselt. Geheimnisse funktionieren völlig anders. Da geht es nicht um Logik. Da kommt es nicht darauf an schlau genug zu sein. Geheimnisse werden anvertraut von einem zum anderen.
Die wesentlichen Dinge des christlichen Glaubens sind Geheimnisse, aber keine Rätsel. Heute ist der Sonntag Trinitatis. Dreieinigkeit bedeutet das. Wir glauben an einen Gott, der sich uns als Vater, Sohn und Geist zeigt. Das wird deutlich im Wochenspruch: "Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen." (2. Korinther 13,13) Das steht über jedem Gottesdienst, aber heute ist es explizit Thema. Und was so vermeintlich einfach gesprochen und selbstverständlich im Glaubensbekenntnis bekannt wird, ist bei näherer Betrachtung nicht so einfach zu erfassen.
Die Dreieinigkeit ist und bleibt ein Geheimnis Gottes. Ein Geheimnis bleibt ein Geheimnis, unerklärlich. Gott ist einer, aber irgendwie auch drei. Lässt sich nicht begreifen. In der Bibel gibt es auch an keiner Stelle eine ausgestaltete Lehre von der Dreieinigkeit. So ein Geheimnis können wir uns nur schenken lassen. Gott spricht zu uns als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Wir können ihm antworten. Dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Die Adresse ist immer dieselbe. Wir haben es immer mit Gott zu tun. Lassen Sie sich ein auf diesen geheimnisvollen Gott. Lassen Sie sich von ihm beschenken. Sie werden überrascht sein, was dieses Geheimnis alles zu bieten hat.
Ihr Pastor Tim Rathjen, Rostrup
„Schaut hin“
Das ist das Motto des diesjährigen Ökumenischen Kirchentages, der in Frankfurt am Main stattfinden sollte, auf Grund der pandemischen Lage jedoch vom 13.-16. Mai dezentral stattgefunden hat. Bundes- weit fanden Veranstaltungen verschiedenster Art in den Kirchengemeinden statt, unter anderem auch ein ökumenischer Gottesdienst in der St. Johannes Kirche in Bad Zwischenahn.
„Schaut hin“. Was ist eigentlich schauen? Laut der Definition des Dudens ist „schauen“ ein eher im süd- deutschen Raum gebräuchliches Wort, das so viel wie „sehen“ heißt. Vielleicht ist es auch ein bisschen mehr, ein „Hinsehen“, also ein etwas bewussteres Wahrnehmen.
Sehen oder auch schauen begleitet unser tägliches Tun. Oft passiert es automatisch. Aber wir können auch bewusst hin- oder wegschauen. Beim Ökumenischen Kirchentag schauen evangelische und katholische Christen ganz genau hin. Sie schauen auf das, was sie gemeinsam haben, den Glauben an Gott und Jesus Christus. Es ist aber auch wichtig, genau hinzuschauen, was eventuelle Gemeinsamkeiten verhindert.
An Himmelfahrt startete der Ökumenische Kirchentag. Jesu Jünger schauten zu, wie Jesus gen Himmel fuhr. An den Ort, den er uns auch verheißen hat. An den Ort, der uns nach dem Leben hier auf der Erde verheißen worden ist durch Jesus. Jesus hat uns aber auch verheißen, dass wir hier auf Erden dem Him- mel näherkommen oder schauen können. Den Himmel schauen? Können wir den Himmel schauen? Geht das oder sind das nur Sprüche und generell ein ,,Nogo“?
Ich würde sagen, dass es möglich ist. Es gibt mehrere Beispiele, die mich dazu bewegen, den Himmel schauen zu können. Ich denke an den Himmel, wenn Menschen sich für andere in prekären Situationen einsetzen. Gerade in der momentanen Zeit gibt es viele Menschen, besonders Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, die versuchen, Patienten zu helfen. Ich denke auch an Schüler:innen , die anderen Schülern:innen bei schwierigen Aufgaben helfen. Ich denke an unsere Eltern, die alles versuchen, damit es uns gut geht, also dass wir den Himmel schauen. Wir können auch den Himmel schauen oder anderen Menschen dabei helfen, die vielleicht nicht schauen können, aus welchen Gründen auch immer.
Jesus selber hat seinen Jüngern immer wieder vermittelt, das sie sich gut umschauen sollen, um anderen Hilfestellung leisten zu können. Oder Gottes Botschaft vom Himmelreich zu verbreiten sowie versuchen ein gutes Miteinander zu schaffen. Jeder von uns hat ein Charisma, eine Gabe, die wir von Gott geschenkt bekommen haben. Diese sollen wir nutzen, um den Himmel zu schauen.
Wir sollen aber auch mit diesem Geschenk anderen Hilfestellung geben, auch wenn es nicht einfach ist oder eine Herausforderung darstellt.
So wünsche ich uns allen, dass uns die Sicht in den Himmel nicht verwehrt wird. Lasst uns versuchen gemeinsam den ,,Himmel zu schauen“.
Kreisjugenddiakonin Petra Maczewski, Westerstede
Christinnen und Christen sind Teilhaber!
Einige Tage zwischen wichtigen Feiertagen: Himmelfahrt und Pfingsten. Wo ist der auferstandene Jesus Christus - so fragten die Jüngerinnen und Jünger nach den Begegnungen, die es nach der Entdeckung des leeren Grabes gegeben hatte. Diese Begegnungen waren weniger geworden. Jesus Christus ist bei Gott, „aufgefahren in den Himmel“ - so lautete die Antwort in den jungen christlichen Gemeinden. Aber sie machten auch die andere Erfahrung: Irgendwie ist Jesus Christus doch da, seine Worte und Ideen, sein Geist. Ja, der Geist Gottes war und ist inmitten der Gemeinde. In den Gottesdiensten, beim Abendmahl bei den Werken der Nächstenliebe. Der Geist Jesu, der Geist Gottes begleitet und leitet Christinnen und Christen. Das musste gefeiert werden. Pfingsten war und ist das Fest dieser bereichernden Erfahrungen.
Menschen fragen und bitten den Auferstandenen: Wo bist du? Wie kann ich dich erreichen? Nimm mich wahr! Erhöre mich! (Exaudi!) Der Wochenspruch aus Joh. 12, 32
Christus spricht:
"Wenn ich erhöht werde von der Erde,
so will ich alle zu mir ziehen.“
zeigt die Richtung an: Christinnen und Christen haben Teil an der Himmelfahrt Jesu Christi, sie sind wie Jesus Christus nahe bei Gott, sie sind Teilhaber, Miteigentümer, Schareholder am Reich Gottes.
Jesus Christus befähigt seine Nachfolgerinnen und Nachfolger seine Botschaft verantwortlich weiter zu tragen. Christinnen und Christen, die in Wort und Tat die Botschaft Jesu Christi weitertragen, haben dafür Handlungsvollmacht, Prokura.
Auch im 21. Jahrhundert im Ammerland und im Oldenburger Land haben Menschen in den Gemeinden den Auftrag und die Befähigung, die Lehren und die Bedeutung des Lebens, des Sterbens und Auferstehen Jesu Christi konkret mit Leben zu füllen. Und das geschieht vielfältig und unterschiedlich, auch unter den erschwerten Bedingungen der Pandemie: In Apen und Edewecht, in den Dörfern am Kanal, in Westerstede, Rastede und Wiefelstede. Schön, dass es in den Gemeinden des Ammerlandes so viele aktive Teilhaberinnen und Teilhaber an der Firma des lebendigen Gottes gibt.
Pastor Karsten Peuster, Friedrichsfehn
Glauben macht Sinn
„So schlecht geht es uns doch gar nicht!“ Diesen Satz höre ich immer wieder von geduldigen
Zeitgenossen, die wahrnehmen: anderen geht es viel schlechter. „Hier auf dem Dorf können wir raus, haben genug Platz, hängen nicht in einer kleinen Mietswohnung fest.“
Nachgefragt, kommen dann auch Einschränkungen zu Tage: „Natürlich vermisse ich die Kontakte, bin manchmal einsam und auch verzweifelt… Mal abschalten, wegfahren wäre schon klasse!“ Dieses Jahr ist nicht spurlos an uns vorbei gegangen.
Ich freue mich, wenn ich dankbaren, geduldigen und immer noch optimistischen Menschen begegne. Das ermöglicht dann auch, andere in den Blick zu nehmen, wie es der Monatsspruch für den Mai nahe legt:
Öffne deine Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!
Sprüche 31, 8
Da sind so viele, die gerade aus unseren Blicken gleiten, die nicht gehört werden, still leiden. Ich denke als nur ein Beispiel an Kinder und Jugendliche, für die die Einschränkungen so existentiell sind. Alleine die Frage nach Schulunterricht wird ihren Nöten und Bedürfnissen überhaupt nicht gerecht. Da fehlen die sozialen Kontakte so sehr, Geburtstage bleiben ungefeiert... Was macht das mit ihnen und besonders mit denen in prekären Lebensverhältnissen? Wie andere Menschen auch, Menschen mit Behinderungen sind ein weiteres Beispiel. Verlieren wir die Kinder und Jugendlichen und andere zu sehr aus den Augen?
Als Christ, als Christin mit dem Vertrauen auf Gott im Rücken, kann ich den Schwachen, den Vergessenen in unserer Gesellschaft eine Stimme geben. Als Kirche können wir uns für eben die einsetzen, die keine Lobby haben, nicht gehört werden. Da haben wir eine Aufgabe, die wir nicht von uns schieben können.
Vielleicht können wir die Welt ja doch ein wenig verbessern.
„Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten,
die viele kleine Schritte tun,
können das Gesicht der Welt verändern,
können nur zusammen das Leben bestehn.
Gottes Segen soll sie begleiten,
wenn sie ihre Wege gehn“
Das ist dann nicht nur pflichtbewußte Nächstenliebe. Nein, so kann ich Sinn erfahren, so gewinnt mein Glaube Bedeutung und Gewicht. Für uns als Gemeinschaft, als Kirche, gilt das ebenso: Im Einsatz für die Stummen und Schwachen erfüllen wir unsere ureigentliche Aufgabe. Gott gebe Dir und mir und uns Kraft, Ausdauer und Fantasie dazu!
Pastor Thomas Perzul, Elisabethfehn
Es war sehr gut ...
Am Anfang war das Bit. Eine Null oder eine Eins. Jedenfalls das kleinste Element einer Information. Und dieses Bit suchte sich andere Bits. Und siehe da, als acht Bits sich gefunden hatten, wurde daraus ein Byte. Das wiederum war den Bytes nicht genug, und so wurden aus einem Byte, Kilobytes, Mega-, Giga- und Terabytes. Ganze Bibliotheken reihten sich in Ketten von Bits und Bytes aneinander - und die Speicher wachsen und wachsen.
Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott. Durch ihn ist alles gemacht und ins Leben gerufen. Jede Zelle, jeder Körper, jeder Geist, jedes Wissen. Alles weist geheimnisvoll auf seinen Ursprung zurück und der Mensch versucht seine Umwelt zu beschreiben.
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Und die Erde war wüst und leer,
und es war finster auf der Tiefe;
und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
Und Gott sprach: Es werde Licht!
Und es ward Licht.
Und Gott sah, dass das Licht gut war.
Das ist kein wissenschaftlicher Bericht über den genauen Hergang der Entstehung der Welt, keine akademische Ausarbeitung über Gottes Schöpfung. Darum geht es nicht.
Die ganze Heilige Schrift beginnt mit einem großen Lobgesang auf den, der alles erschaffen hat. Wie ein Gedicht mit sieben Strophen; jede Strophe beschreibt ein Tageswerk, folgt einem bestimmten Rhythmus. Die gleichen Wendungen werden immer neu wiederholt - wie in einer Liturgie: Gott spricht. Gott schafft. Es wird bestätigt, dass es tatsächlich geschehen ist. Gott gibt jedem Tageswerk seine Bestimmung und seinen Namen. Und schließlich heißt es am Ende: Da ward aus Abend und Morgen ein weiterer Tag. In der Regel wird jedes Mal hinzugefügt: Gott sah, dass es gut war, ja, am Schluss sogar, dass alles sehr gut war.
Es wird mehr angedeutet als ausgeführt. Viele Fragen bleiben offen. - Wer immer diese Verse niedergeschrieben hat, will keine naturkundlichen Erkenntnisse aus breiten. Er weist auf ein großes, ein wunderbares Geheimnis hin, nämlich: Die Welt ist nicht aus Zufall entstanden, sondern Gott selbst hat sie erschaffen.
Um das zu formulieren, bedient sich der Autor ganz unbefangen der wissenschaftlichen Kenntnisse seiner Zeit. Vielleicht um 700 vor Christus trägt er eifrig zusammen, was er finden kann. Dabei achtet er nicht auf eine schlüssige Theorie; er rühmt allein den, der alles geschaffen hat.
„... und siehe, es war sehr gut.“ - So endet dieser Text über Gottes Schöpfung. Die bedrohliche Finsternis ist zurückgedrängt; Licht kann seine Lebenskraft entfalten.
Das, was am Anfang war; Tohuwabohu, nämlich „wüst und öde“, ist jetzt eine bewohnbare Erde.
Gott sagt:
„Fürchte dich nicht,
ich habe dich erlöst,
ich habe dich bei deinem Namen gerufen.
Du bist mein!“
Das ist seine Liebeserklärung.
Die Welt hat eine gute Ordnung und sie zu bewahren ist Aufgabe der Geschöpfe.
Alle beginnen und beschließen das Leben auf dieser Erde unter Gottes Fürsorge.
Am Anfang war die Liebe ...
Pastor Achim Neubauer, Edewecht
Ich möchte jubeln. Mich freuen – hüpfen – springen – laut schreien und singen. Möchte mich erfüllen lassen von Be-Geisterung. Ein wohlig warmes Gefühl, das in mir aufsteigt und mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Ach, was sag ich: Ein herzliches Lachen.
Wie schön wäre das!
Aber in diesen Zeiten? Darf man da jubeln? Bei all dem Elend und Jammer? Bei aller Angst und Unsicherheit? Das ist doch eher eine Zeit für Trauer oder sogar Depression.
Und doch möchte ich jubeln. Weil ich nicht bereit bin, die Hoffnung aufzugeben. Weil es auch jetzt Vieles gibt, über das wir uns freuen dürfen. Und weil mein Glaube mir sagt: Gott ist an meiner Seite. Egal, wie finster es auch sein mag – er verlässt mich nicht und geht mit mir meinen Weg.
Das tröstet mich, nimmt Last von meinen Schultern. Und dadurch macht es mich ein wenig freier. Frei auch, meinen Blick auf die Schönheiten um mich herum zu werfen und sie an mich heranzulassen. Gerade zu dieser Jahreszeit birgt die Natur so viele Wunderbare Farben, Formen und Facetten. Als Ammerländer leben wir da geradezu in einer paradiesischen Region. Dabei muss es überhaupt nicht bombastisch sein; nicht die Masse, die einen womöglich erschlägt, sondern das Kleine, Feine. Wenn die Frühlingsblüher z.B. ihre Knospen öffnen und einen Farbtupfer auf den Rasen oder ins Beet setzen. Oder wenn die Vögel kunstvoll ihre Nester in den Baumkronen bauen. Dann sehe ich darin auch die Handschrift Gottes. Er hat diese Natur so wunderbar angelegt. Und wir dürfen uns daran erfreuen.
Spätestens da kann ich den Jubel aber nicht mehr zurückhalten. Ich feiere die Schöpfung samt ihrem Schöpfer. Und das tut richtig gut. Ja, Jubeln ist wichtig: für meine Gesundheit – weil es Blockaden löst; für meinen Geist, weil ich einen neuen Blick auf die Dinge gewinne; für mehr Lebensqualität, weil ich von Herzen „Ja!“ sagen kann zu dieser Welt; und schließlich auch für die Gemeinschaft, wenn viele zusammen in den gleichen Jubel mit einstimmen.
Dieser Sonntag trägt den Namen „Jubilate“ – also: Jubelt! Nehmen wir das zum Anlass, mit offenen und staunenden Augen durch die Um-Welt zu spazieren und voller Dankbarkeit und Hoffnung in einen wunderbaren Frühlingsjubel auszubrechen.
Ihr Pfarrer Dr. Urs-Ullrich Muther, Apen
Leiter des Referats Bildung in der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
Ostern ist ein Weg
Was ist das doch für eine schreckliche Zeit! Die letzten Tage werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Ich habe ihn so geliebt und nun ist er nicht mehr da. Was musste er sich quälen! Diese Schmerzen, diese Demütigung, dieser qualvolle Tod! Ich konnte nur danebenstehen und nicht tun, nichts tun, um es ihm leichter zu machen.
Als er dann tot war, spürte ich es umso heftiger. In mir ist etwas mit ihm zusammen gestorben. Ich war nicht mehr ich. Ich habe immer gedacht, dass ich mit ihm noch eine tolle Zukunft vor mir hätte, Träume, Wünsche waren so lebendig ... - nun sind sie zerplatzt. Abschied nehmen musste ich von ihnen und noch mehr von ihm. Doch auch das wurde uns schwer gemacht.
Was war das für eine Beerdigung? Schnell sollte es gehen, kaum jemand war dabei. Ich hätte ihn so gerne noch einmal berührt, ihm gesagt, was ich noch mit mir rumtrug - in Ruhe Abschied genommen. Doch es musste ja schnell gehen.
Zuhause mochte ich nicht sein, mich zog es wieder dorthin zu seinem Grab. Ich wollte mit ihm reden, klären, was zwischen uns offengeblieben war und ihm meinen Frust sagen, meine Enttäuschung, dass er nicht genug gekämpft hatte ... - doch vor allem wollte ich in seiner Nähe sein, auch wenn es nur sein Leichnam war, der da in diesem Grab war.
Wie groß war mein Schreck, als ich auf den Friedhof kam. Das Grab war offen! Vielleicht geschändet? Wer tut so etwas?
Ich holte mir Hilfe, rannte zu Freunden, meinen und seinen Freunden. Sie sollten mitkommen. Sie sollten Licht ins Dunkel bringen. Doch sie konnten es auch nicht erklären.
So blieb ich allein vor dem Grab sitzen und weinte und weinte und konnte nicht mehr aufhören. Es tat so weh. Es war so verwirrend, schmerzlich, dunkel.
Doch dann wurde ich geblendet und von zwei Personen angesprochen. Sie wollte wissen, was mit mir los sei, warum ich denn weine, fragten sie. Eigentlich ging es diese Fremden ja nichts an, doch tat es gut, sich alles von der Seele zu reden. „Er ist weg! Er ist nicht mehr da! Man hat ihn mir genommen!“ schrie ich.
Noch einer war da, ich dachte, es sei der Friedhofsgärtner und bat ihn mir zu helfen. -
Doch dann veränderte ein einziges Wort mein ganzes Leben - nur ein einziges Wort: „Maria!“
Maria - das bin ich! Ich dachte diese Maria gab es nicht mehr - nicht mehr seit seinem Tod.
Doch ich bin noch da. Da ist jemand, der mir sagt: Du bist noch da! Du, Maria!
Aus diesem gesprochenen „Maria“ höre ich noch viel mehr heraus, denn ich kenne diese Stimme. Diese Stimme sagt mir:
„Maria, ich bin da - ich bin für dich da.
Ich fühle deinen Schmerz.
Ich verstehe dich.
Ich kenne dich.
Maria, ich lebe und du sollst auch leben!“
Auf einmal verstehe ich, erkenne ich.
Voller Liebe und mit erwachter Hoffnung antworte ich meinem Jesus:
„Rabuni! Du bist mein Meister!“
Jetzt kann mein Leben neu beginnen!
Doch nicht nur meines. Die anderen sollen es auch hören und selbst erleben.
Jesus ist lebendig und darum auch seine Ziele für uns und diese Welt.
Ich bin lebendig.
Ich breche jetzt auf, mache mich auf, auf den Osterweg und bin jetzt schon gespannt, wo der Auferstandene mir noch begegnen wird.
- nach dem 20. Kapitel des Johannesevangeliums -
Eine lebendige und gesegnete Osterzeit wünsche ich Ihnen,
Pastorin Birgit Grohs, Rastede
Liebe Leserinnen und Leser,
was bedeutet Ostern für Sie, was ist Ihnen wichtig an diesem Fest?
Suchen Sie ruhig einmal nach guten, kostbaren Erinnerungen, die Sie mit Ostern verbinden. Solch ein Erinnerungsschatz darf gerne einmal wieder ans Tageslicht geholt werden, er kann auf diese Weise auch die diesjährigen stillen Ostertage in ein helles Licht tauchen.
Ostern ist für mich verbunden mit Erfahrungen, die ich im Laufe meines Lebens machen durfte. Es sind zum einen heitere Erinnerungen, als meine eigenen Kinder noch klein waren und zusammen mit vielen Kindergottesdienstkindern in unserem großen Pfarrgarten am Ostersonntag nach dem Gottesdienst Ostereier suchten. So gesehen hat Ostern für mich immer auch etwas Lebensfrohes; die Osterfreude über das große Heil der Auferstehung drückt sich heiter spielerisch aus.
Ostererfahrungen sind für mich aber auch noch in anderer Form spielerischer Natur. Es sind Erfahrungen mit den besonders ergreifenden Gottesdiensten unserer Religion, wie sie – in den Jahren ohne Pandemie - zum Beispiel in der Osternacht gefeiert werden. Schon oft habe ich am Ostersonntag frühmorgens in der zunächst dunklen Kirche die Osternacht mitgefeiert, dieses andeutende Nacherleben dessen, was Auferstehung meint: den Durchgang vom Tod zum Leben, gottesdienstlich dargestellt im Aufstrahlen des Lichtes in der dunklen Kirche, das von der Osterkerze ausgeht. Wenn dann der Choral "Christ ist erstanden" nach dem Osterevangelium angestimmt wird, läuft mir stets ein Schauer durchs Gemüt und eine Ahnung von Ewigkeit ergreift mich. Ostern, das zentrale Fest des Christentums, ist eben vor allem gottesdienstlich zu erleben. Man kann lange über das Leben nach dem Tode oder die Möglichkeit des leeren Grabes diskutieren, prägend ist der gottesdienstliche Mitvollzug dessen, was wir Ostern nennen. Eine Ahnung solcher Erfahrungen mag uns hoffentlich auch ergreifen, wenn wir in diesem Jahr einem Gottesdienst eher auf dem Bildschirm folgen oder zu Hause mit unserem Gesangbuch eine Andacht feiern.
Eine dritte österliche Erfahrung möchte ich nicht unerwähnt lassen. Sie begleitet mich durch das Jahr auch über die eigentliche Osterzeit hinaus. Es ist ein Bild: die Darstellung des auferstandenen Christus auf dem Isenheimer Altar des Matthias Grünewald. In einem Urlaub im schönen Elsass vor vielen Jahren habe ich es in Colmar erstmalig als Original gesehen. Es hat meine Gedanken und Gefühle über das, was Ostern und Auferstehung wohl andeuten mögen, ganz tief geprägt. Ich habe es meinen Zeilen beigefügt, um auch Ihnen die Möglichkeit der Betrachtung zu ermöglichen. Dazu möchte ich gerne eine Einladung aussprechen: Nehmen Sie sich Zeit, betrachten Sie das Bild und lassen Sie es auf sich wirken.
Ich wünsche Ihnen, liebe Leser*innen, österliche Erfahrungen in unserer Zeit, vielleicht bereichert durch die Betrachtung dieses einzigartigen Osterbildes.
Gesegnete Ostern!
Pfarrerin in Wiefelstede
#7WochenmitallenSinnen
So hieß die Passionsaktion der Evangelischen Jugendarbeit Ammerland. Jede der 7 Wochen haben wir uns mit einem Sinn beschäftigt. Ja, es gibt nur 5 Sinne, also mussten wir ein wenig tricksen. Neben dem Sehen, Riechen, Hören, Schmecken und Fühlen haben wir dann noch Denken und Glauben mit dazu genommen. Unsere Gedanken zu #Glaubthin möchte ich hier gerne mit Euch teilen:
Glauben ist doch kein Sinn, oder?
Ich bin mir da nicht so sicher, was Glauben wirklich ist, aber bei einem bin ich mir sicher!
Glauben macht Sinn!
Jesus sagte zu ihm: »Was heißt hier: ›Wenn du kannst‹? Alles ist möglich für den, der glaubt.«
Markus 9, 23
„Alles ist möglich für den, der da glaubt.“ – Einfach so dahingestellt, ist dieser Satz Größenwahn. Wer ihn wörtlich nähme, würde schnellstens an der Realität zerbrechen. Es liegt auf der Hand, dass nicht alles möglich ist. Auch mit noch so viel Glauben kann ich nicht über Häuser springen oder durch Wände gehen. Einfach so dahingestellt, ist der Satz eine maßlose Übertreibung.
Jesus hat solche Übertreibungen geliebt. Auch Jesu Satz, dass ein Kamel leichter durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Himmelreich kommt, spricht für Jesu Freude an der Übertreibung. Denn hätte er nicht übertrieben, wäre sein Gleichnis längst vergessen worden.
„Alles ist möglich für den, der da glaubt.“. –
Jesus übertreibt mit Zuversicht, weil die meisten Menschen dazu neigen, mit Verzagtheit zu übertreiben. Kleinglauben nennt Jesus das. Er attestiert solchen Kleinglauben seinen Jüngern, als sie auf dem See Genezareth in einen Sturm geraten und vor Angst nicht mehr ein und aus wissen. Dies Übertreiben in Verzagtheit können wir zur Zeit auch wieder überall wahrnehmen. Die sozialen Medien machen es möglich und erleichtern dies sogar noch. Man findet schnell mehrere Menschen, die mit einstimmen. Ja die Zeit ist nicht leicht und wir können auf der Spirale der Negativität abwärts gehen und uns immer mehr aufgeben, aber ist das unser Glaube?
Das Hauptproblem sind mangelndes Gottvertrauen, der Kleinglaube, die Verzagtheit und Gedanken wie „Das ist zu schwer für mich!“ - „Das schaffe ich nicht!“ - „Es wird nie wieder gut“
Ich fühle mich oft weit entfernt von der Möglichkeit etwas zu bewirken und zu verändern. Ich habe keine Macht und keinen Einfluss, auch wenn mich andere Menschen dazu ermutigen. Das heißt aber auch, in dem Moment traue ich Gott nichts zu, der ja mit meiner Hilfe die Welt verändern möchte.
Wenn ich Kinder erlebe, leiden die meistens nicht an Verzagtheit und Kleinglauben. Einige von denen können sogar ganz schön kühn sein und durchaus forsch auftreten. Aber der Mut des Lebensanfangs kann einem im Leben leicht verloren gehen. Schlechte Erfahrungen und Krisen kommen von alleine.
Und dann ist es wichtig, dass man mehr für möglich hält, als einem die Verzagtheit einflüstert. Dann muss sich der Glaube bewähren.
„Alles ist möglich für den, der da glaubt.“–
Jesus sagt diesen Satz zu einem Vater, dessen Kind krank ist. Den Glauben an seine Heilung hat der Vater längst verloren –und doch hofft er für sein Kind auf eine gute Zukunft. Als der Vater des kranken Jungen Jesus trifft, kann er nur stammelnd seine Bitte vortragen: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“ Und Jesus heilt das Kind und sagt jenen wuchtigen Satz voller Gottvertrauen: „Alles ist möglich für den, der da glaubt.“
Damit wir unseren Mut und unsere Zuversicht immer behalten – damit wir den Glauben an die Zukunft und das Gottvertrauen auch in Krisen nie verlieren – dafür ist dieser Satz da! Also lasst uns auf die Spirale der Zuversicht aufspringen und sie nach oben gehen!
Marco Folchnandt, Kreisjugenddiakon
Die Aktion 7 Wochen mit allen Sinnen ist zu finden bei
Instagram- ej_aml
oder unter
#7WochenMitAllenSinnen
Hinaus aus dem Kreis!
Ich fahre gern Fahrrad. Wie wohl viele Ammerländer*innen auch. Im Alltag geht´s damit zur Post, zum Bäcker und auch zu Besuchen. So ist mein sonnengelbes Fahrrad in Petersfehn auch einigermaßen bekannt. Im Sommer gehe ich auch gern auf größere Tour. Mit der Familie und Zelt nach Österreich, Italien oder in die Schweiz. Ich liebe die Berge.
Und ich liebe das Moor, Wälder und Felder! Wie gut, dass das hier alles so direkt vor der Tür liegt. Seit letztem Jahr habe ich dieses Stück Gottes wunderbarer Schöpfung noch mehr schätzen gelernt!
So schließt sich in diesen Wochen ein Kreis. Ich erinnere mich noch genau an meine erste kleine Radtour im ersten Corona-Lockdown. Einfach mal raus. Durch den Wold ging es bis irgendwann zum Engelsmeer. Das Wasser ruhig. Die ersten Knospen sprangen gerade auf. Das Sonnenlicht noch sanft - konnte aber schon wärmen. Viele Male bin ich in diesem Jahr erneut dort vorbei gefahren. So viele kleine Radtouren, einfach mal so am Abend, habe ich vorher nie gemacht. Neben all den Entbehrungen ein Geschenk dieses Corona-Jahres. So sah ich die Birken im Moor im sommergrün, den Wald mit der Färbung der Blätter, trübes Grau im Spätherbst und Eis auf dem See. Selten vorher habe ich den Wechsel der Jahreszeiten in der Natur so bewusst erlebt, wie in diesem Jahr. Immer dabei der Gedanke: „So lange dauert Corona nun schon. Immer noch bist Du unterwegs.“ Nun beginnt es wieder zu grünen. Ein Jahr ist vergangen. Der Kreis schließt sich. Das stimmt einerseits. Denn an Manchem hat sich ja nichts verändert. Immer noch Kontaktbeschränkungen. Immer noch Homeschooling. Immer noch kein Kino. Und doch geht es ja weiter. Durch Tests und Impfungen tun sich Perspektiven auf: neue Wege raus aus dem Kreis. Mich erinnert das an Ostern. Mit der Auferstehung durchbricht Jesus letztlich den ewigen Kreislauf von Leben und Sterben. Mit der Auferstehung gibt es eine neue Perspektive. Sie ist für mich das Zeichen: etwas Neues kann beginnen, so dunkel und aussichtslos es auch vorher war. Auferstehung lenkt den Blick auf nie gedachte Möglichkeiten. Gegen alle Realität und schlechten Nachrichten brauchen wir die Hoffnung nicht zu verlieren. Statt immer im Kreis zu fahren ist ein neuer Anfang möglich, ein Ausbruch, ein Aufbruch!
Die Knospen springen wieder auf. Für mich ein Zeichen österlicher Hoffnung! In diesem Jahr um so mehr.
Pastorin in Petersfehn
Endlich Frühling!
Gestern hat der Frühling begonnen! Jedenfalls „kalendarisch“. Bei uns auf der Nordhalbkugel dieses schönen Sterns ist das so, wenn Tag und Nacht exakt gleich lang sind. Das hat etwas mit der Neigung der Erdachse zur Sonne hin zu tun. Und in dem Moment, wo die Sonne über dem Äquator genau im Zenit steht und nach Norden "wandert", ist es soweit: Der Frühling beginnt. Bei uns war das in diesem Jahr am 20. März 2021 um 10:37 Uhr der Fall.
Frühling!
Von nun an werden die Tage länger. Um uns herum beginnt die Natur zu erwachen. Die Pflanzen und Bäume beginnen auszuschlagen. Zartes Grün ist schon hier und da zu sehen. Die Vögel zwitschern. Die Sonne wagt sich aus ihrem winterlichen Versteck und gewinnt an Kraft. Die Wolken fegen über das Himmelszelt. Der Regen feuchtet die Erde. Der Wind weht einem frisch ins Gesicht. Es ist eine Freude zu leben!
Frühling!
Viele sind in diesen Tagen im Garten aktiv. Bereiten alles vor für dieses Fest des Lebens. Knospen treiben aus und fangen an zu blühen. Wir ahnen schon, welche Farbenpracht nur darauf wartet, sich zu zeigen. Es ist eine Lust zu leben!
Frühling!
Die Impfungen nehmen an Fahrt auf. Immer neue Vakzine werden zugelassen. Mit jedem Tag empfangen mehr Menschen die sichernde Medizin. Im Impfzentrum des Ammerlandes in Rostrup wird professionell und zugewandt gearbeitet. Freundlich werden die Menschen an der Türe empfangen und durch das Prozedere geleitet. Freiwillige, Angehörige von Hilfsdiensten und der Bundeswehr und medizinisches Fachpersonal versehen mit Geduld und Hingabe diesen wichtigen Dienst – die „Impfpaten“ nicht zu vergessen. Alles geschieht in Ruhe, mit hilfsbereitem Blick und gut organisiert. Dafür sei auch an dieser Stelle Dank gesagt. Arbeit für das Leben!
Frühling!
Diese Zeit lädt uns ein, das Licht zu sehen, das um uns herum mehr und mehr an Kraft gewinnt. Und sich selber davon anstecken zu lassen. Selber „Licht“ zu werden. Immer mehr. Immer mehr aufzublühen. Trotz alledem und in alledem.
Frühling!
Es gibt so Vieles, was unser Leben hell macht und uns Kraft und Freude schenkt. Jeden Tag neu. Der Frühling, der sein blaues Band durch die Lüfte streifen lässt und uns ahnungsvolle Düfte zusendet, ist nur ein Lichtfunke aus dieser lichtvollen Fülle. Schon dass ich morgens aufwache, munter und fröhlich aufstehen kann, die Sonne mit meinem Gesicht begrüßen darf, ist ein heller Moment. Das liebe Wort und die lächelnden Augen über dem Mund-Nase-Schutz beim Einkauf – ein Lichtfunke. Der Gruß der Nachbarin, der Anruf der Freundin, der Brief eines Verwandten, die WhatsApp oder die Mail vom Kegelclub oder vom Chor – ein kleines bisschen Licht in meinem Alltag. Die Zeit, ein Buch zu lesen, etwas zu basteln, im Garten tätig zu sein, mich um mich selbst kümmern zu können – ein Lichtfunke des Himmels.
Die Kraft und das Vermögen, Schweres zu tragen, mit Einschränkungen zu leben – auch das ist Licht; genauso wie die Hoffnung, dass der glimmende Docht nicht verlöschen wird.
Frühling!
Das Fest des Lebens. Ostern feiern wir das. Das Licht wird sich durchsetzen. Und es hat schon begonnen. Das Licht des Lebens, es strahlt uns entgegen. Ganz sicher.
Ihr Stephan Bohlen, Edewecht
„Im Anfang war das Gefühl“
„Im Anfang war das Gefühl“, viele können dem zustimmen:
… die Liebe auf den ersten Blick, die frisch oder langjährig Verliebten,
… eine Begegnung mit einem Menschen, den ich zum ersten Mal sehe,
… meine Suche und Auswahl eines Geschenkes für einen vertrauten Menschen zum Geburtstag.
Unser Streben nach Glück oder Erfüllung beginnt mit spontanen oder klaren Gefühlen. Wir nehmen uns etwas vor, fühlen - meist unbewusst – wie gut sich das „anfühlt“ und setzen uns in Bewegung. Ich bezeichne Gefühle daher als „Bewegungen der Seele“, die sichtbar werden in den Bewegungen unserer Gedanken, unserer Worte und unseres Handelns. Gefühle als Bewegungen der Seele treiben uns – meist unbewusst – an.
Wir können unsere Gefühle und die unserer Mitmenschen wahrnehmen. Ich staune immer wieder, auf welch bunte Welt ich mich dabei einlasse, wenn ich als Seelsorger die ganze Palette von Gefühlen nach Geburten oder bei Taufen, bei der Konfirmation, bei Trauungen, Sterbebegleitungen oder Todesfällen wahrnehme und in Worte fassen kann.
Friede, Freude Eierkuchen, damit kommen wir Gefühlen nicht näher. Unser Bauchgefühl ist wie alles Fühlen vielschichtig, oft tiefgründig und verborgen. Unsere Antriebe, Eingebungen, Intuitionen, Versuchungen, Erlebnisse, Schmerzen, Leid und Lust, bis hin zu den scheinbaren und tatsächlichen Erfahrungen, die Menschen empfinden, wenn sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen oder sich Gefühlen aussetzen. Ich denke dabei auch an das, was wir Kalkül nennen, wenn wir unsere Worte oder unser Tun auf Grund von Gefühlen als Macht- oder Druckmittel einsetzen. Gefühle gehen unter die Haut, schaffen neues Leben oder bringen Menschen um.
Was haben Menschen empfunden als sie das erste Mal Musik hörten, eine Flöte vor 10.000 Jahren, einen Chor-Gesang, ein Schlaflied als Baby oder noch vorher im Mutterleib, wie gehen Konzerthörer:innen nach einem wunderbaren Konzert nach Hause. Gefühle bestimmen auch unseren christlichen Glauben, unser Christusvertrauen. Gefühle sind ein Fingerzeit auf unsere biologischen Wurzeln und begründen alle Kultur an jedem Punkt der Erde, sagt der Neurowissenschaftler Antonio Damasio in seinem Buch: Im Anfang war das Gefühl.
Ich wünsche Ihnen eine gefühlsstarke, gute Zeit
Pastor Michael Kühn, Westerstede
Ich stehe am Meer, zum ersten Mal in diesem Jahr. 17°C, Sonne, frischer Wind – herrlich. Ich schaue raus aufs Wasser. Ganz ruhig liegt es vor mir. Um mich herum einige andere Menschen, die genauso glücklich über das Wetter zu sein scheinen, wie ich es bin.
Wenn ich am Meer bin, bin ich frei, frei von Sorgen, frei von negativen Gedanken. Völlig erfüllt vom salzigen Geruch des Meeres. Der Kopf wird frei, die Seele fühlt sich leichter an. Schwierigkeiten scheinen plötzlich kleiner, überschaubarer, lösbarer.
Ich breite meine Decke aus, setze mich darauf und schaue weiter raus aufs Meer.
Noch ist Hochwasser, doch die Ebbe wird bald einsetzen und man kann dem Wasser dabei zusehen, wie es zurückgeht. Ebbe und Flut haben mich schon als Kind fasziniert. „Läuft jetzt das Meer aus?“ „Wohin schwimmt das Wasser denn, wenn es nicht hier ist?“ „Woher weiß das Wasser denn, wann es Zeit ist zurückzukommen?“ Diese und ähnliche Fragen stellt sich ein Kind, das dem Meer dabei zusieht, wie es kommt und geht.
Heute assoziiere ich anderes mit Ebbe und Flut, es sieht für mich fast so aus, als würde das Meer ganz langsam atmen. Einatmen um aufzutanken, ausatmen um das Leben im Watt in Bewegung zu halten. Man kann dem Rhythmus der Natur zugucken.
Ich atme tief ein, versuche die frische, salzige Luft in jede Faser meines Körpers strömen zu lassen.
Doch was genau ist der Atem? Etwas, das wir nur mit Hilfsmitteln wie Spiegeln oder kalter Luft sehen, nicht anfassen, kaum beschreiben können und doch ist es für uns so elementar. Jeder von uns tut es, manchmal ganz bewusst, doch meistens unbewusst. Ein Vorgang, der uns am Leben hält und doch kaum aufmerksame Beachtung erfährt.
Einfach mal durchatmen.
Tief ein- und ausatmen.
Mir stockt der Atem.
Ich bin ganz außer Atem.
Mir wird der Atem des Lebens eingehaucht.
Der erste Atemzug.
Ich kann endlich aufatmen.
So viele Assoziationen mit Atem. Bewusst wird einem seine eigene Atmung häufig erst dann, wenn sie ins Stocken gerät, wenn wir nicht mehr richtig durchatmen können, wenn uns die Luft, der Atem wegbleibt. Es macht Angst, Unbehagen, Sorge, wenn etwas mit unserer Atmung nicht stimmt.
So ist es auch häufig mit der Hoffnung. Die Hoffnung auf Genesung, auf ein besseres Leben, auf besseres Wetter, auf Glück, auf einen neuen Tag. Hoffnung lässt sich kaum in Worte fassen, lässt sich nicht gut erklären oder zeigen. Doch ohne Hoffnung, ist die Welt dunkel, trostlos, fast wie „außer Atem“. In Momenten in denen unserer Hoffnung der Atem auszugehen droht, ist es wichtig Quellen zu haben, die diese „Hoffnungsakkus“ wieder aufladen können. Das kann das bewusste Genießen von Sonne auf der Haut sein, Kinder, die mit ihrer Lebendigkeit und Fröhlichkeit um einen herum springen, ein gutes Buch, ein gutes Gespräch, der Glaube. Hoffnung und Freude finden wir häufig in den kleinen Dingen, wir müssen sie nur lernen wahrzunehmen, sie einzuatmen.
An diesem Tag finde ich neue Kraft, neue Hoffnung, neuen Atem am Meer. Ich nehme einen weitern tiefen Atemzug der frischen Luft, lege mich hin und bin dankbar.
Geschäftsführerin
„Ich wurde Clown um zu leben. Von der heilenden Kraft des Humors."
So der Titel eines Buches. Geschrieben von einer Frau, die nach schweren Schicksalsschlägen wieder aufsteht. Mitten in Verzweiflung und Hilflosigkeit erinnert sich die Autorin an ihren Kindheitstraum und wird Clownin.
Ich glaube, uns alle verbindet der Wunsch, uns selbst und andere Menschen an ihren Humor, an Ihr Lachen und an ihre Lebensfreude zu erinnern und die eigene Kraft des Lebens wachzurufen! Auch und gerade in dieser von den Folgen der Corona-Pandemie geprägten Zeit… Humor kann uns an unsere Freude, Hoffnung und Inspiration führen. Meinen Mitmenschen humorvoll, spielerisch und würdevoll zu begegnen, bedeutet, sie in ihrem Kern ernst zu nehmen und wertzuschätzen. Ein mitfühlender Humor legt nicht fest, kontrolliert nicht, sondern akzeptiert, dass das Leben paradox ist. Auch wenn wir nicht alle eine Clownsausbildung machen würden, eines verbindet uns: Jede/r hat einen inneren Clown.
Der Apostel Paulus empfiehlt:
Wenn jemand unter euch meint, weise zu sein in dieser Welt, der werde ein Narr, dass er weise werde! 1. Kor 3,18
Ein Narr, ein Clown erinnert uns daran, dass das Leben an sich das Wichtigste ist. Der Clown kennt das Leben, sein Glück, seine Träume und seine Verzweiflung, sein Scheitern. Und er bleibt gut zu sich selbst. Im Gesicht des Clowns spiegelt sich das alles wieder: Sein Schmerz, seine Sehnsucht, seine Hoffnung, seine Freude.
Die französische Sozialarbeiterin Madeleine Delbrêl, eine moderne Mystikerin,
ist davon überzeugt, dass Gott gerade die Gaukler besonders liebt:
Denn ich glaube, du hast von den Leuten genug, die ständig davon reden, dir zu dienen – mit der Miene von Feldwebeln, dich zu kennen – mit dem Gehabe von Professoren, zu dir zu gelangen - nach den Regeln des Sports, und dich zu lieben, wie man sich nach langen Ehejahren liebt.
Eines Tages, als du ein wenig Lust auf etwas anderes hattest,
hast du den heiligen Franz erfunden und aus ihm deinen Gaukler gemacht. An uns ist es, uns von dir erfinden zu lassen,
um fröhliche Leute zu sein, die ihr Leben mit dir tanzen.
Aus: Madeleine Delbrêl, Gott einen Ort sichern
In diesen von Einschränkungen und Unsicherheit geprägten Corona-Zeiten stoßen wir an unsere Grenzen, können wir unseren Humor verlieren. Angesicht von Sterbenden auf Intensivstationen und vereinsamten Menschen nebenan bleibt uns das Lachen im Hals stecken. Da ist es weise, Quellen der Freude und Hoffnung zu suchen und weiterzugeben. Freude ist gespürtes Leben! Mute Dir und dem anderen Menschen Deinen inneren Clown zu und er wird Dich möglicherweise als Licht erleben! Amen
Pfarrerin Martina Rambusch-Nowak
Leiterin des Ev. Bildungszentrums der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
und der Ev. HVHS Rastede im Ev. Bildungshaus Rastede
Foto: Ev. Bildungshaus Rastede
Wintersonne
Es ist doch noch richtig Winter geworden! Schnee und Kälte, kleine Verwehungen hier und da, Frostluft. Das fühlt sich für den Spaziergänger wunderbar an. Für Pendler und andere sicher nicht. Ich find´s schön! Erinnert es mich doch an das Wohnen im alten Pfarrhaus in Golzwarden. Rund 500 Jahre alt ist das ehrwürdige reetgedeckte ehemalige Bauernhaus in der Wesermarsch. Und die Fenster waren fast ausschließlich noch alt und entsprechend einfach-verglast. Drinnen gab es ein zweites Fensterpaar, das heutigen Wohnkomfort gewährleisten sollte. Bei Frostwetter bildeten sich an den Außenscheiben wunderbare Frostkristalle und zeichneten beeindruckende Eisblumen aufs Glas. Ausgiebig bestaunt von den Kindern und ihren nicht weniger beglückten Eltern. Und draußen an der Reetdachkante wuchsen die Eiszapfen.
Heute sind die Kinder groß und außerhaus. Und die Wohnsituation hat sich auch gewandelt. Die Faszination aber bleibt.
Winter und Kälte, die schneebedeckten Bäume und verschneiten Wege, das Stapfen durch das weiße Pulver – es ist herrlich. Schlittenfahren und Schlittern, Rodeln und Schneeballschlacht – es macht einfach Spaß und schenkt Lebensfreude. - Vor allem, wenn man sich nach der Frische draußen schon auf die Wärme drinnen freuen kann. Ein heißer Punsch, ein strammer Grog, etwas Glühwein. Oder eine feine Tasse Tee oder Kaffee. Dazu noch was zum Naschen. Prima ist das und ganz famos.
Kälte und Wärme.
Was nicht so schön ist, ist eine andere Erfahrung: dass Menschen einen so frösteln lassen können wie das Winterwetter draußen. Mitunter gibt es das ja, dass da jemand den Raum betritt und der Klimawandel ist da. Es kühlt sich merklich ab. Wir fühlen uns mit einem Mal ganz unbehaglich.
Zum Glück erleben wir aber auch das Andere: dass ein Mensch den Raum betritt und die Sonne geht auf. Da strahlt uns ein Gesicht an – und wir können gar nicht anders, als wieder zu strahlen. Uns wird warm ums Herz. Die Unbehaglichkeit ist verflogen und unsere Seele tankt Energie und Lebensfreude. Herzenswärme durchdringt den Raum und lässt uns aufblühen. So wie das Licht der Sonne, die Blumen dazu lockt, ihre schönsten Farben aufleuchten zu lassen, vermag es ein solcher Mensch, das Beste in uns zum Strahlen zu bringen: Freundlichkeit und Offenheit, Rücksicht und Nachsicht, Zutrauen und Einfühlungsvermögen.
Es gibt solche Menschen, die sind, „wie die Sonne aufgeht in ihrer Pracht.“ Das Geheimnis, das dieses Leuchten möglich macht, mag in der Liebe verborgen sein, die diese Menschen empfangen haben und mit ihrer Lebenswärme weiterreichen.
Ich glaube, in der Begegnung mit so einem Menschen, erfahre ich ein kleines bisschen von Gottes Gegenwart. Seine Liebe blitzt darin auf, um mich zu erfreuen – und mich zum Wiederstrahlen zu befeuern.
Gerade in herausfordernden Zeiten ist so eine Erfahrung doppelt schön und macht uns und anderen das Leben ein Stück weit heller. Denn: „Andern ein Sonnenschein sein, das ist in dunklen Tagen eine doppelt wichtige Aufgabe“, wusste schon Friedrich von Bodelschwingh, der über lange Jahre die später nach ihm benannten diakonischen Einrichtungen in Bethel/Bielefeld leitete und entscheidend prägte.
In diesem Sinne: Lassen wir die Sonne aufgehen!
Ihr Pastor Stephan Bohlen, Edewecht
Du stellst meine Füße auf weiten Raum
Einen Schritt vor den anderen setzen. Gehe ich meine Spazierstrecke heute im Uhrzeigersinn, oder dagegen? Habe ich eine Verabredung zum Spaziergang oder bin ich alleine unterwegs?
Gehe ich entlang von Straßen oder über Feld- und Waldwege?
Viel gibt es im derzeitigen Lockdown nicht zu entscheiden, was meine Freizeitaktivitäten angeht. Aber ein Spaziergang gehört doch fast an allen Tagen dazu. Und treffen Winterwetter mit Schnee und Sonnenschein aufeinander, dann wimmelt es überall nur so von spazierenden Menschen. Denn was sollen wir auch anderes tun? Zwischen Home Office, Home Schooling, Einkauf und Haushalt heißt es für viele „raus an die frische Luft“. Den Kreislauf in Schwung bringen und das Tageslicht ausnutzen. Lesen, spielen, Telefonate und mediale Unterhaltung können auf die Zeit nach dem Sonnenuntergang verschoben werden. Warm und wetterfest angezogen sind die ersten Schritte noch mühsam. Doch bald habe ich beim Laufen einen Rhythmus gefunden und halte nur an, wenn es etwas zu entdecken gibt: Tierspuren im Schnee, Vögel, die den Frühling herbei zwitschern wollen oder besondere Lichtstimmungen, die ich dann fotografiere.
Und so lasse ich den Alltag für die Zeit meines Spaziergangs hinter mir und tauche ein in die Natur meiner Umgebung. Lass mir den Kopf und die Gedanken frei pusten und spüre den Winter in meinem Gesicht. Später zeugen meine roten Wangen davon, dass ich draußen unterwegs war und der Kaffee oder Kakao am Nachmittag schmeckt gleich doppelt so gut.
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ heißt es in Psalm 31,9 und in meinen Gedanken erklingt dazu das Lied von Clemens Bittlinger.
In den Strophen wird der negativen Situation immer direkt die positive Situation wie ein Zuspruch entgegen gesungen. Enge und Weite, das Trübe und die Klarheit, Leere und Fülle. „Gott so kommen wir, hier und jetzt zu dir.“ All das, was wir gerade als negativ empfinden, kann durch Gottes Zuspruch ins positive gewendet werden. Gottes Liebe erweitert unseren Horizont und lässt uns mit unseren Füßen den weiten Raum erkunden, den wir hier auf Erden zur Verfügung haben. Ein ermutigendes Bild, derzeit gehen meine Füße viele Wege, die ich schon kenne und die in meiner näheren Umgebung liegen. Doch der Raum wird sich nach und nach wieder erweitern, auf Wege am Meer, in den Bergen und in Städten die ich besuche. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, ich kann entscheiden, in welche Richtung ich gehe. Und das Beste daran: Auf all unseren Wegen ist Gott mit dabei.
Bleiben Sie behütet auf allen Ihren Wegen,
Kreisjugenddiakonin Inga Kießling
Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet,
so verstocket eure Herzen nicht!
(Hebr. 3,15) -
so lautet der neue Wochenspruch.
Und im Sonntagsevangelium erzählt Jesus in einem Gleichnis,
wie das Wort Gottes ausgestreut wird wie Samen. (Lukas 8,4-8)
Aber wie hören wir Gottes Stimme aus den vielen Stimmen heraus?
Kann man Gottes Wort erkennen?
Und wie gehen wir damit um?
Matthias Claudius erzählt eine Geschichte:
Es war einmal ein Edler, des Freunde und Angehörige durch ihren Leichtsinn um ihre Freiheit gekommen und in fremdem Lande in eine harte Gefangenschaft geraten waren. Er konnte sie in solcher Not nicht wissen und beschloss, sie zu befreien. Das Gefängnis war fest verwahrt und von inwendig verschlossen, und niemand hatte den Schlüssel.
Als der Edle sich ihn nach vieler Zeit und Mühe zu verschaffen gewusst hatte, band er dem Kerkermeister Hände und Füße und reichte den Gefangenen den Schlüssel durchs Gitter, dass sie aufschlössen und mit ihm heimkehrten. Die aber setzten sich hin, den Schlüssel zu besehen und darüber zu ratschlagen Es ward ihnen gesagt, der Schlüssel sei zum Aufschließen, und die Zeit sei kurz. Sie aber blieben dabei, zu besehen und zu ratschlagen; und einige fingen an, an dem Schlüssel zu meistern und daran ab- und zuzutun.
Und als er so nun nicht mehr passen wollte, waren sie verlegen und wussten nicht, wie sie ihm tun sollten. Die andern aber hatten's ihren Spott und sagten, der Schlüssel sei kein Schlüssel, und man brauche auch keinen.
Diese Geschichte ist wie ein Gleichnis für das Wort Gottes, das uns als Schlüssel zur Freiheit gegeben wird, herauszutreten aus unseren kleinlichen Zwängen und Ängsten.
Für Christen hat das Wort Gottes in der Person und im Leben Christi konkrete Gestalt angenommen und verständlichen Ausdruck gefunden.
Jedes Wort, das Christus entspricht… jedes Wort, das aufrichtet, das Dank, Vertrauen, Zuversicht und Hingabe weckt, ist von seinem Geist durchdrungen und kann als Gottes Wort in dieser Welt angesehen werden. Denn Jesu Bestreben hatte eine Richtung und ein Ziel:
Dass Taube hören, Blinde sehen, Lahme gehen, dass Tote lebendig und Gebundene frei und Arme froh werden.
Es ist seine Botschaft der Liebe, die gerade auch den Schwachen und Ausgestoßenen meint; und die selbst den Feind nicht ausschließt. Das ist wohl das Unverwechselbare an Jesus.
Jedes Wort, das befreit, ist wie ein Wort von ihm. Mit jedem Wort, das Wahrheit und Aufrichtigkeit ins Leben bringt, damit Menschen einander in die Augen sehen und sich freuen ist, kommt sein lebendiger Geist befreiend in diese Welt.
Wo ein Wort Beziehungen bereinigt, Schuld vergibt, Angst nimmt und Liebe schenkt… und das Leben eines Menschen zum Guten wendet, entspricht es der Zielrichtung Christi. Ich behaupte: Ja, es ist Gottes Wort! Jedes liebevolle, befreiende Wort ist Gottes Wort - wenn auch von Menschen gesprochen.
Ein Wort, das Angst einjagt, ist nicht Gottes Wort, ist nicht von dem Gott, den Christus verkündigt.
Fürchte Dich nicht!
Dieser Satz steht ein paar hundertmal in der Bibel!
Das bedeutet: Worte der Lüge und des Hasses und der Unmenschlichkeit können nicht Gottes Wort sein. Und jedes Wort, das menschenvernichtende Gewalt gutheißt oder rechtfertigen will, steht im Widerspruch zu Gottes Wort, wie Jesus es verkündigt. Im Namen des Gottes, der die Liebe ist, kann und darf man keine Kriege führen und diese heilig oder gerecht nennen.
Aber: Im Namen Gottes, der die Liebe ist, darf und soll man:
Streit schlichten,
Außenseiter hereinholen,
Hilfsbedürftigen helfen,
Halt geben,
Trost spenden,
Hoffnung wecken.
Wo das geschieht, da ereignet sich Gottes Wort:
Vertrauen herstellen.
In Ratlosigkeit helfen.
Verstockung durchbrechen.
Gemeinschaft zusammenhalten.
Leben retten.
Schuld vergeben.
Wo das geschieht, da ereignet sich Gottes Wort.
Frieden bewirken.
Gerechtigkeit üben.
Schöpfung bewahren.
Angst besiegen.
Zuhören.
Hinhören.
Barmherzig sein.
Vertrauen wagen.
Wo das geschieht, da ereignet sich Gottes Wort.
Wir sollten die Sprache der Liebe entwickeln.
Aufbauende Worte. Mutmachende, beruhigende, tröstende Worte.
Böse, angstmachende und kalte Worte gibt es leider schon zu viele.
Und dabei - wie gut tut ein gutes Wort!
In der Sprache der Liebe kommt Gott uns nahe.
Gottes Wort erreicht uns im Menschenwort:
Verborgen, direkt, umstritten, unbequem, einleuchtend -
wann und wo und wie Gott es will.
Jesus mahnt immer wieder: wer Ohren hat, zu hören, der höre.
Gott möge uns helfen, sein Wort zu erkennen und seine befreiende Kraft gut zu nutzen… –
wie es richtig gewesen wäre für die Gefangenen in der Geschichte von Matthias Claudius.
Er öffne uns das Herz, es zu finden und es zu sprechen.
Er beflügle unseren Geist, seinem Wort – der Liebe - zu vertrauen.
Er erfülle uns mit Mut, nach seinem Wort auch zu leben.
Und er erlöse uns und die ganze Welt von aller atemlosen Angst und Unsicherheit.
Gerade in dieser Zeit. Amen
Pastorin Regina Dettloff, Edewecht
Kunterbuntes für die Seele
Da steht sie, meine Bank, liebster Ort zum Luftholen im letzten Urlaub nach anstrengenden, aber malerischen Radtouren. Einfach nur sitzen, und die Ruhe genießen. Angekommen!
Und sich freuen, an der wunderschön bemalten Bank.
Der Künstler Friedensreich Hunderwasser hat bei der Art und Weise der Bemalung Pate gestanden, das lässt sich nicht leugnen. Alles ist in Bewegung, Himmel und Erde miteinander verbunden, die Blöcke stabil und gleichzeitig nicht erdrückend, sondern einladend. „Setzt dich“, scheint das Gesicht in der Mitte der Bank zu sagen, „hier bist du richtig, willkommen! Ein Moment der Ruhe, für dich!“
Ohne Frieden mit der Natur, so formulierte es Hundertwasser schon zu Beginn seines künstlerischen Wirkens, ist ein menschenwürdiges Dasein unmöglich. Die verwendeten kräftigen und leuchtenden Farben haben einfache, natürliche Formen. Kreise, Bögen, Wellen, Tropfen, selbst Vierecke erscheinen dazwischen irgendwie rund. Harte Ecken und Kanten sind nicht zu entdecken; ob die Spiralen nach innen oder außen zielen ist oft nicht klar zu erkennen. Haus und Baum verweben miteinander, geben Ruhe und Halt. Das Kunterbunte, die vielen Kleinigkeiten strahlen dennoch Ruhe aus; ein Symbol für das mögliche Paradies auf Erden.
Gern würde ich wieder auf der Bank sitzen, besonders in diesen Tagen. Zu viele harte Ecken und Kanten im Alltagsgeschäft, die Bandagen werden härter im Ringen um den Impfstoff.
Zu viele kühle, dunkle Orte und Entscheidungen, die Angst machen.
Die Fröhlichkeit und Offenheit, schwer zu erkennen hinter den Masken der Menschen. Die Bereitschaft, das Zuhause noch als Ort der Ruhe und Einheit sehen zu können, schwindet mancherorts, angesichts des Spagates von homeoffice, Schule und Kinderbetreuung, die viele Eltern zu leisten haben. Ganz zu schweigen von der Stille des Hauses, wenn niemand mehr vorbeischauen kann. Die Fenster weit zu öffnen und die Welt per Internet herein zu wünschen, hilft nur begrenzt. Und auch der Baum, die Natur, die sich erholen darf, weil die Summe aller Schadstoffe abnimmt, wir sind ja vermehrt zu Hause, lenkt nicht davon ab, wie wichtig die Nähe und die persönliche Umarmung bleiben.
Innerliche Unruhe in der vermeintlichen Ruhe macht sich breit.
Ich schaue auf die Füße der Bank. Für mich zielen die Spiralen nach innen. Zu dem, was mir Halt gibt, die Seele baumeln zu lassen. Ganz getrost.
„Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet“ höre ich ein Wort des Paulus, wir lesen es im Römerbrief. Gott ist in jeden Dingen, an allen Orten, zu jeder Zeit, fügt er hinzu.
Auch in der Ruhe, die wir brauchen. Für unsere Seele.
Ich auf meiner Bank. Ich kann mich öffnen und loslassen. Ich kann hoffen und bangen. Ich kann wütend sein und mich freuen. Und bitten und danken, loslassen und an vertrauen. Im Gebet.
Für die Farben, die Natur, Gottes Schöpfung. Für den nächsten Tag, geborgen in Gottes Hand.
Ich schätze die Farben und Formen dieser besonderen Bank. Kunterbuntes für die Seele. Und davon kann es nicht genug geben.
Pastorin Sabine Karwath, Westerstede
Liebe Leserinnen und Leser,
die Bibel ist ein bewegtes und bewegendes Buch.
Sie steckt voller Geschichten vom Unterwegssein.
Menschen brechen auf.
Oft nur auf ein Wort hin
verlassen sie voller Vertrauen das Bekannte und gehen los.
Die Wege, die sich ihnen so eröffnen,
sind nicht immer einfach zu gehen.
Sie stecken voller Herausforderungen.
Überraschungen lauern am Wegesrand.
Gute und weniger gute.
Eine dieser Weggeschichten aus dem ersten Teil der Bibel handelt von einer starken Frau.
Vielleicht ist dieses Büchlein ja sogar
von einer Autorin verfasst worden?
Wer weiß? Passen würde es.
Und die Geschichte passt gut in unserer Zeit.
Denn es ist eine Fluchtgeschichte.
Menschen verlassen ihre Heimat,
weil sie dort keine Zukunft mehr sehen.
„Wirtschaftsflüchtlinge“
betiteln hierzulande manch hartherzige Leute
diese Menschen.
Aber was würden denn wir tun,
hätte der Zufall uns nicht in eines der reichsten Länder dieses Planeten gewürfelt,
sondern nur ein paar hundert Kilometer
weiter südlich oder östlich
das Licht der Welt erblicken lassen?
Würden wir in Syrien geblieben sein? Oder im Irak?
In Afghanistan oder Somalia?
Würden wir in einem der Länder Afrikas ausharren
oder würden wir nicht alles daransetzen,
unseren Kindern eine bessere Perspektive zu verschaffen?
Blieben wir in Weißrussland oder der Ukraine
oder würden wir nicht alles dafür tun,
dass unsere Kinder in Sicherheit, Freiheit
und in wirtschaftlich geordneten Bahnen aufwachsen können,
um ihr Glück zu machen?
Die Strapazen und Risiken, die Menschen auf sich nehmen,
um frei und sicher leben zu können, sprechen für sich.
Und ich denke, viele von uns würden diesen Weg
auch für sich und die Ihren zumindest in Erwägung ziehen:
„Damit es die Kinder einmal besser haben…“
Die Weggeschichte, die für diesen Sonntag
zum Hören und Denken ausgesucht wurde,
handelt von Rut.
Nach ihr ist das kleine Büchlein auch benannt,
das sich übrigens in Gänze zu lesen lohnt.
Eine wunderbare Geschichte,
die traurig beginnt,
voller Herausforderungen steckt
und am Ende direkt zu Jesus führt.
Denn Rut ist eine der fünf Frauen,
die im Stammbaum Jesu erwähnt werden.
Aber das sind vier andere spannende Geschichten,
die ein anderes Mal gehört werden wollen.
Bleiben wir für heute bei Rut und hören,
wie ihre Geschichte beginnt:
RUT LÄSST IHRE SCHWIEGERMUTTER NICHT IM STICH
11Es war die Zeit, als das Volk Israel noch von Richtern geführt wurde.
Weil im Land eine Hungersnot herrschte,
verließ ein Mann aus Betlehem im Gebiet von Juda seine Heimatstadt
und suchte mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen Zuflucht im Land Moab.
2Der Mann hieß Elimelech, die Frau Noomi;
die Söhne waren Machlon und Kiljon.
Die Familie gehörte zur Sippe Efrat,
die in Betlehem in Juda lebte.
Während sie im Land Moab waren,
3starb Elimelech und Noomi blieb mit ihren beiden Söhnen allein zurück.
4Die Söhne heirateten zwei moabitische Frauen, Orpa und Rut.
Aber zehn Jahre später starben auch Machlon und Kiljon,
5und ihre Mutter Noomi war nun ganz allein,
ohne Mann und ohne Kinder.
6-7Als sie erfuhr, dass der Herr seinem Volk geholfen hatte
und es in Juda wieder zu essen gab,
entschloss sie sich, das Land Moab zu verlassen
und nach Juda zurückzukehren.
Ihre Schwiegertöchter gingen mit.
8Unterwegs sagte sie zu den beiden:
»Kehrt wieder um!
Geht zurück, jede ins Haus ihrer Mutter!
Der Herr vergelte euch alles Gute,
das ihr an den Verstorbenen und an mir getan habt.
9Er gebe euch wieder einen Mann
und lasse euch ein neues Zuhause finden.«
Noomi küsste die beiden zum Abschied.
Doch sie weinten 10und sagten zu ihr:
»Wir verlassen dich nicht!
Wir gehen mit dir zu deinem Volk.«
11Noomi wehrte ab:
»Kehrt doch um, meine Töchter!
Warum wollt ihr mit mir gehen?
Habe ich etwa noch Söhne zu erwarten,
die eure Männer werden könnten?
12Geht, meine Töchter, kehrt um!
Ich bin zu alt, um noch einmal zu heiraten.
Und selbst wenn es möglich wäre
und ich es noch heute tun würde
und dann Söhne zur Welt brächte –
13wolltet ihr etwa warten, bis sie groß geworden sind?
Wolltet ihr so lange allein bleiben
und auf einen Mann warten?
Nein, meine Töchter!
Ich kann euch nicht zumuten,
dass ihr das bittere Schicksal teilt,
das der Herr mir bereitet hat.«
14Da weinten Rut und Orpa noch mehr.
Orpa küsste ihre Schwiegermutter
und nahm Abschied;
aber Rut blieb bei ihr.
15Noomi redete ihr zu:
»Du siehst, deine Schwägerin ist zu ihrem Volk
und zu ihrem Gott zurückgegangen.
Mach es wie sie, geh ihr nach!«
16Aber Rut antwortete:
»Dränge mich nicht, dich zu verlassen.
Ich kehre nicht um, ich lasse dich nicht allein.
Wohin du gehst, dorthin gehe ich auch;
wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott.
17Wo du stirbst, da will auch ich sterben;
dort will ich begraben werden.
Der Zorn des Herrn soll mich treffen,
wenn ich nicht Wort halte:
Nur der Tod kann mich von dir trennen!«
ANKUNFT IN BETLEHEM
18Als Noomi sah, dass Rut so fest entschlossen war,
gab sie es auf, sie zur Heimkehr zu überreden.
19So gingen die beiden miteinander bis nach Betlehem.
(Rut 1,1-19 BasisBibel)
Es beginnt trostlos.
Keine Arbeit. Kein Brot.
Weggehen, um das Überleben zu ermöglichen.
Dann in der Fremde eine Zeit relativen Glücks:
Ankommen.
Sich einfinden.
Sich verbinden.
Die Söhne heiraten einheimische Frauen.
Ein gutes Zeichen.
Bedeutet das doch in der Regel,
dass die Neuen im Vorgefundenen aufzugehen beginnen.
„Gelungene Integration“
würden wir das heute vielleicht nennen.
Doch Schatten verdunkeln das Bild:
der Mann stirbt.
Die Söhne folgen dem Vater nach.
Schließlich ist Noomi allein in der Fremde.
Als Frau. Als Witwe.
Keine gute Position:
Frau und allein.
Ohne Mann, ohne Familie,
ohne Hintergrund, ohne Absicherung.
Wieder geht Noomi los.
Wie schon damals beim ersten Aufbruch –
nicht aufgrund einer Verheißung oder eines Gotteswortes,
nicht einmal, weil ein Traum das angezeigt hätte,
sondern einfach wegen der Not.
Ihre Schwiegertöchter begleiten sie.
Unterwegs dann entlässt Noomi die beiden Frauen
aus ihrer familiären Verpflichtung.
Zweimal bekräftigt sie, dass sie es ernst meint.
Die eine geht weg.
Die andere bleibt und geht mit.
Rut ist treu und sagt den Satz,
den Brautpaare ganz richtig und gern und oft
als Trauspruch wählen, um einander Treue und Wegbegleitung zuzusagen:
»…, ich lasse dich nicht allein.
Wohin du gehst, dorthin gehe ich auch;
wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk
und dein Gott ist mein Gott.
17Wo du stirbst, da will auch ich sterben;
dort will ich begraben werden.
Der Zorn des Herrn soll mich treffen,
wenn ich nicht Wort halte:
Nur der Tod kann mich von dir trennen!«
Starke Worte!
Einer starken Frau.
Sie wird gewußt haben,
worauf sie sich da aus Treue, Mitgefühl und Zuneigung eingelassen hat.
Voller Barmherzigkeit geht sie mit.
Verbunden auch durch einen gemeinsamen Glauben.
Durch eine gemeinsame Orientierung.
Eine gemeinsame Grundausrichtung.
Das ist, was die Frauen verbindet und zum Ziel führt.
Am Ende wird alles gut:
Rut findet einen Mann, der ihre Notlage nicht ausnutzt,
sondern ihr Hilfe, Essen und Schutz gewährt.
Aus liebevoller Zuwendung erwächst Liebe.
Und die beiden heiraten.
Ihr Sohn Obed wird der Vater Isais.
Und der ist der Vater eines Jungen namens David.
Ein sagenhafter König wird er werden –
und ein Vorfahre des Josefs,
der die Mutter Jesu ehelichen wird.
Rut – eine wunderbare Frauengeschichte.
Ein Roadmovie, das Treue und Verbundenheit beschreibt.
Und das deutlich macht,
dass nicht die Herkunft wichtig ist oder zu welchem Volk ein Mensch gehört,
sondern nur das zählt,
was ein Mensch für den anderen tut.
Ein Nachfahre Ruts – Jesus –
viele Generationen später wird er sich auf den Weg machen –
wird das, was zählt,
in einzigartiger Weise vorleben, indem er mitgeht –
bis an den Rand und darüber hinaus –
in grenzenloser Liebe.
Amen
Pastor Stephan Bohlen, Edewecht
Es kommt ein Schiff geladen….
Neuer Morgen bricht an.
Gedankenvoll
mein Weg am Strand,
am Rand der Brandung.
Hoch schlagen Wellen.
Gischt im Gesicht
streichelt
wie der Wind
meine Wangen.
Wunderbar!
Mein Hören
im Einklang
mit dem
Rauschen des Meeres.
Salz auf den Lippen.
So schmeckt Freiheit.
Meeresvögel fliegen auf.
Gedanken weichen
dem Spiel der Natur.
Ich atme durch,
fühle Geborgenheit,
Schönheit der Schöpfung,
deren Teil
ich bin.
Das Licht des Morgens bricht an.
Ein neuer Tag beginnt.
Ich darf sein.
Am Horizont
ein Schiff,
ein kleiner Punkt,
wieder und wieder
in die Wellen sinkend
und
aus den Wellen
sich hebend.
„Es kommt ein Schiff geladen.“
Schwer
wiegt es hin und her
in der wogenden See.
Erstaunlich,
kein Versinken.
Solch ein Gewicht
bleibt im Lot,
wird getragen!
Sturm und Wellen
ein Nichts.
Unaufhaltsam
auf dem Weg
zum Ziel.
Es ist Advent.
Unaufhaltsam,
verborgen
Gott auf dem Weg
zu uns.
„Es kommt ein Schiff geladen bis an sein‘ höchsten Bord,
trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewigs Wort.“
Und schlagen die Wellen auch
hoch
Er ist auf dem Weg
zu uns.
Vielleicht
nur
wie ein kleiner Punkt
am Horizont
erkennbar.
Auch im eigenen Leben
hohe Wellen,
ein Auf und Ab.
Aber Er kommt
verborgen,
nicht gleich zu sehen,
erst im Nachhinein
zu erkennen.
Er kommt
im tröstenden Wort,
im Aufleuchten von Hoffnung.
Er kommt
im unerwarteten Lächeln
eines Fremden,
in der Hand,
die ein anderer reicht.
Neuer Morgen bricht an.
Die Nacht ist im Schwinden.
Ein altes Marienlied
aus dem 15. Jahrhundert.
Die schwangere Maria
ein beladenes Schiff.
Gott kommt verborgen
zu den Menschen,
als kleines Kind,
von einer jungen Frau geboren
wie alle Kinder dieser Erde.
Gott
verborgen
in der Armut des Stalls,
ohne Obdach.
Nur wer sich auf den Weg macht
zum Stall,
wird das erkennen
wie die Hirten,
wie die Weisen aus dem Morgenland.
Gott kommt zu uns
verletzbar,
hilfebedürftig,
liebebedürftig,
liebenswert.
Es ist Advent.
Ich warte
auf die Ankunft des Herrn.
Ich gehe meinen Weg.
Neuer Morgen bricht an,
geheimnisvoll und hoffnungsvoll,
im Dunkel meiner Nacht.
Pastorin Dorothea-Katharina Herbst, Apen
Wieso man wartet
Kindern fällt es in der Regel schwer, die Zeit zu begreifen. Viel zu oft kriegt man zu hören: ,,Wie lange denn noch bis Heiligabend?’’.
Ungefähr im Jahre 1840 fingen Eltern an ihren Kindern die Zeit greifbarer zu machen. ,,Du musst noch fünf Mal schlafen, dann ist es soweit.’’ Oder sie malten 24 Kreidestriche an die Wand und die Kinder durften jeden Tag einen Strich wegwischen.
Irgendwo hebt es auch die vorweihnachtliche Zeit hervor und macht es umso aufregender.
Dieses Jahr sind es schließlich ganze 26 Tage vom 1. Advent bis zu Heiligabend!
Ich habe es selbst auch schwer geduldig zu sein, denn die Weihnachtszeit ist meine liebste Zeit. Zu schön ist es, mit der Familie zusammen zu sitzen, zu reden, zu lachen und die Gemeinsamkeit zu genießen. Dieses Jahr ist es nun leider anders, doch da wird einem umso mehr bewusst, wie wichtig die Zeit mit seinen Liebsten ist.
Jetzt muss man auch geduldig sein und abwarten, wann es besser wird. Warten ist schöner, wenn es auf einer begründeten Hoffnung basiert. Nicht zu vergessen: Israel wartete auch vierzig Jahre auf das verheißene Land.
Advent bedeutet ,,Ankunft’’ und wir warten auf den Geburtstag unseres Jesus Christus. Doch davor bereiten wir viel vor: Wir schmücken den Baum, backen Kekse und verpacken Geschenke. Wir wissen, dass, wenn die vierte Kerze brennt, es nur noch ein paar Tage und ein paar Stunden sind. Aber ist es nicht schön zu wissen, dass das Warten ein Ende hat?
Das Warten hat ein Ende, wenn wir unserer Zukunft entgegenblicken. Es ist begrenzt und auch wir sind es, denn eines Tages nimmt unser Herr uns an die Hand und auch er muss nicht mehr auf uns warten.
Lasst uns diese Weihnachtszeit genießen und uns entsinnen, dass das Warten sich lohnt. Gott ist zu uns gekommen und hat uns aufgesucht. Das wird er wieder tun und bis dahin: ,,Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig.’’ (Jes 40, 3.10).
Karina Kuzki
studiert Theologie auf Lehramt und
absolviert zur Zeit in Rastede ein Praktikum
Auf dem Weg nach Bethlehem
Schon seit vielen Jahren gibt es in der Friedenskirche Augustfehn und der Kapelle in Vreschen-Bokel eine Kinderchristvesper mit Krippenspiel. Die Proben für das Krippenspiel beginnen immer nach den Herbstferien. Bis Weihnachten wird sich einmal in der Woche getroffen, geprobt, Kostüme anprobiert, Kulissen gebaut und eine gute Zeit miteinander verbracht.
In diesem Jahr ist nun alles anders. Ein Virus hat die Welt fest im Griff. Wir alle mussten uns in diesem Jahr auf viele Dinge neu einstellen. Schon nach dem ersten Lockdown im Frühjahr erreichen mich von den Krippenspielern die Fragen nach dem Krippenspiel in diesem Jahr.
Kerstin – wie wird es in diesem Jahr? Kerstin – kann das Krippenspiel überhaupt stattfinden? Kerstin – müssen wir es vielleicht 15-mal aufführen? Kerstin – Fällt Weihnachten dieses Jahr aus?
Nein, Weihnachten fällt nicht aus. Ich habe lange überlegt. Ich wollte im Sommer natürlich noch nichts absagen. Mir war aber auch bewusst, dass es nicht so sein kann wie in den Vorjahren. Aber ein kleines Stück Normalität würde sicherlich auch allen guttun.
So habe ich mich im Sommer bei sommerlichen Temperaturen an den PC gesetzt und mich mit den verschiedenen Charakteren der Weihnachtsgeschichte auf den Weg nach Bethlehem gemacht. Entstanden ist ein Krippenspiel aus der Sicht von Maria und Josef, Esel und Ochse und allen anderen Beteiligten. Es kommt ohne Bewegung und gemeinsamen Spiel aus.
Mittlerweile sind die Texte verteilt, die Mitspieler haben ihre Texte geübt und die ersten Proben in verschiedenen Zeitfenstern und mit Abstand haben stattgefunden. Wir sind gemeinsam auf dem Weg.
Das wünsche ich Ihnen auch, dass Sie sich durch diese besondere Adventszeit hindurch, auf den Weg nach Bethlehem machen können. Ich wünsche Ihnen, dass Sie dem Licht von Weihnachten entgegen gehen können. Sei es durch die Gottesdienste, durch zu Hause gefeierte Andachten oder auch durch die vielen digitalen Möglichkeiten. Vielleicht auch bei einem Spaziergang, beim Plätzchen backen, bei einem guten Buch oder beim Hören von Musik.
Denn trotz allen, was dieses Jahr an Veränderungen gebracht hat, wird es wieder Weihnachten werden. Überall in der Welt werden die Menschen die Weihnachtsgeschichte hören und Kraft und Hoffnung aus der Botschaft schöpfen.
Denn in der Weihnachtsgeschichte (Lk 2, 10-11) hat der Engel uns zugesagt: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.
Bleiben Sie behütet.
Ihre Kerstin Grusemann-Wahl, Prädikantin in der Kirchengemeinde Apen.
Trimmel, Borowski, Lürsen, Faber & co.
Alles wird gut, das ist die Hoffnung im Großen wie im Kleinen. Dass das Gute siegt und das Böse entlarvt wird. Seit fünfzig Jahren erfüllt im Fernsehen der „TATORT“ an fast jedem Sonntagabend die Erwartung: Am Ende wird alles gut.
Sicher war es damals Zufall, dass diese Reihe im Jahr 1970 ausgerechnet an einem ersten Advent ihren Anfang nahm - aber gerade diese Wochen tragen ja wie keine zweite Zeit im Jahr die Hoffnung auf ein gutes Ende in sich; dass sich heimliche Sehnsüchte erfüllen mögen.
Nach ziemlich genau 88 Minuten und 30 Sekunden ist am Sonntagabend manches wider geordnet: Ballauf und Schenk trinken ihr Bier im Schatten des Kölner Doms, Thiel und Prof. Boerne frozzeln sich in Münster zum Schlußgag und Thorsten Falke kann sich in Hamburg um Elliot, seinen Kater kümmern:
Die Welt ist ein bisschen gerechter geworden.
Ihre Lasten nehmen die Ermittler wieder mit: Faber leidet in Dortmund immer noch unter dem Verlust von Frau und Tochter, in Bremen ist Lürsen dazu vergattert ihren Rotwein alleine zu trinken und in Kiel geht Borowski segeln um den Kopf wieder frei zu bekommen:
Die Welt bleibt, wie sie ist.
„Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“
Er jauchzt geradezu, der Prophet Sacharja, bei dem dieser Bibelvers für den 1. Advent zu finden ist. Wenn der König kommt, sagt er, dann wird wirklich alles gut. Das Zerbrochene heilt, die Völker leben in Frieden.
Größer, schöner und gewaltiger kann Hoffnung nicht sein. Wer wirklich hofft, hat das große Ziel: Alles wird gut. Darunter ist es nicht zu machen.
Dafür braucht es allerdings Geduld und die ist keine Tugend an sich. Sie hat ihren Wert. Sie kann auch falsch sein, wenn Dinge geändert werden könnten und das dann nicht passiert. Die Not der Mitmenschen, die Not auch der Schöpfung dulden keinen Aufschub. Da ist zu tun, was getan werden kann, um zu helfen und das Andere dann getrost in Gottes Hand zu legen.
Pastor Achim Neubauer
Edewecht
Abschied
Da, wo es für uns hart auf hart kommt, wo es ernst wird und sich der Horizont unseres Lebens verdunkelt, die Wege enger werden, die Haut unserer Seele dünn und verletzlich wird, uns alles so vorkommt, als seien wir im falschen Film, wir mitgerissen werden vom Fluss der Dinge, da scheint mit einem Mal die Zeit in uns still zu stehen.
Dann fühlt es sich mitunter so an, als wären wir aus uns selbst herausgetreten. Als stünden wir neben uns und den Dingen, die da geschehen, die uns aber eben nicht nur passieren, sondern die uns tatsächlich widerfahren – und die uns einen solchen Schmerz zufügen können, dass wir aus uns selbst geradezu herausgeworfen werden, um uns nicht vollends zu verlieren.
Vielleicht ist es Ihnen so ergangen, als Sie im Verlauf des nun zu Ende gehenden Kirchenjahres Abschied nehmen mussten von einem lieben und nahen Menschen, an den Sie sich in dieser Zeit besonders erinnern.
Mag sein, dass schon die Zeit vor dem Abschied, die Zeit des Loslassens, die Spanne, in der deutlich wurde, dass dieser Weg unvermeidlich sein würde, Sie diese Dinge erfahren lassen hat, dieses „Herausgeworfensein“ aus Raum und Zeit, aus dem eigenen Selbst. Dieses „Neben-sich-Stehen“. Dieses Gefühl, man sei im „falschen Film“, es würde einem anderen geschehen, was einem da selbst widerfährt.
Und dann war der Moment des endgültigen Loslassens da. Und wir haben funktioniert. Haben die Dinge geregelt, die zu regeln waren. Wie im Traum mitunter. Wundern uns in der Rückschau, wie wir das geschafft haben.
Seitdem hat sich unsere Welt verändert.
Sie ist ärmer geworden. Denn der Mensch, der uns den Weg, auf dem wir ihm folgen werden, voraus gegangen ist, fehlt darin. Fehlt uns.
Immer wieder sehen wir ihn. Betreten einen Raum im Haus und schauen erwartungsfroh auf seinen Platz. Und erst mit dem zweiten Blick
erkennen wir die Leere, die zugleich nach unserem Herzen greift.
Dann kommen die dunklen Schatten des Abschieds zurück. Wie eine Welle, die uns mit sich reißen will. Mitunter halten wir Stand. Mitunter auch nicht.
Je mehr die Zeit ins Land geht, desto mehr Halt mag uns das Leben geben. Der Alltag. Der andere, der neue Alltag, der auf diese eine Weise gewiss ärmer geworden ist. Der auf eine andere Weise aber auch reicher geworden sein mag:
Schon im Abschied mögen wir erlebt haben, wie andere Menschen uns neu nahe gekommen sind. Wie da Leute waren, Nachbarn, Bekannte, Familienangehörige, auch vormals Fremde, die für uns da waren. Die sich Zeit genommen haben. Für uns. Die uns ausgehalten haben. Die uns ihr Ohr geliehen haben. Die uns zugehört haben. Mit Geduld und Verständnis. Die uns ihre Schulter angeboten haben, damit wir uns dort anlehnen und ausweinen konnten. Die uns einen Platz in ihrem Herzen geschenkt haben, so dass unser Herz wieder fest werden konnte auf dem Weg des Abschieds.
Dieser Weg ist lang. Und er ist kein einfacher Weg. Da liegen Steine. Da ist es steil und unwegbar. Da kann mit einem Mal auch Finsternis wie ein Unwetter über uns hereinbrechen. Aber da sind auch grüne Wiesen. Da sind Orte, die zum Verweilen einladen. Da sind diese Menschen, die einem helfen, neu Tritt zu fassen, Orientierung zu finden, auch schwierige Passagen zu meistern, den neuen Weg zu gehen. Gemeinsam.
So wird dieser neue Weg mit der Zeit vertrauter. Leichter. Besser zu gehen. Und mit der Zeit mögen wir am Wegesrand die Blumen der Erinnerung entdecken können, ohne dass der Schmerz übermächtig wird. Dann können wir innehalten. Uns an ihrer Schönheit erfreuen, ihren Duft einatmen. Sie vielleicht sogar pflücken und einen Strauß der Erinnerung aus ihnen flechten, der uns schmückt und reich macht. Dankbar und erfüllt.
Diese Hoffnung dürfen wir haben. Sie mag uns tragen. Den Weg weisen.
Genauso wie ein Wort aus der Bibel, an dem ich mich immer wieder festhalte, wo es hart auf hart kommt, wo ich den Horizont zu verlieren drohe, weil der Schmerz mich übermannt. Weil ich nicht verstehen kann, was geschieht. Warum etwas geschieht. Wo ich nur noch dastehe und in die Finsternis hinaus schreie: Warum?
Und es bleibt stumm.
Denn es gibt keine Antwort.
Das Leben ist, wie es ist. Und wir müssen damit umgehen.
Das zu erkennen, das gelehrt zu bekommen durch das Leben selbst, tut entsetzlich weh.
Was mir Linderung verschafft, ist die Hoffnung, dass ich in dem Dunklen, das nach mir greift, dass ich in Trauer und Schmerz nicht allein bin, sondern jemanden an meiner Seite habe. Ich erlebe:
Und ich spüre, das darin verborgen ein stiller Begleiter über mich wacht: Jesus. Er kennt den Schmerz, das Leid, das antwortlose Fragen, die Not, sich in der Finsternis zu verlieren. Die Angst. Den Tod. Und er hat mir und uns allen versprochen:
„Ich bin jeden Tag bei euch,
bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20)
In der Taufe haben wir darauf Brief und Siegel. Das ist das Wort, woran ich mich festhalte. Was mir Halt gibt. Kraft und Mut für den nächsten Schritt. Und immer wieder für den nächsten Schritt. Immer nur für diesen einen. Und immer einer nach dem anderen. Anders geht es nicht.
Ein Trauerweg ist kein Weg der großen Sprünge, sondern einer der kleinen Schritte.
„Ich bin jeden Tag bei euch,
bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20)
Dieses Versprechen gibt mir Kraft, weil ich Jesu Begleitung in der Zuwendung der anderen Menschen entdecken kann. In dem, wie meine Nachbarn und Bekannten, die Familie und Freunde, Fremde und andere für mich da sind. In Zuspruch und Zurechtweisung. In Unterstützung und Herausforderung. Mitunter muss Liebe auch eine herbe Note haben, um geschmeckt werden zu können.
Und auch in den Dingen, die sich fügen, in Wegen, die sich eröffnen, in Widerständen, die überwunden werden, in Irrwegen, die ich erkenne, auf Abwegen, die mich umkehren lassen, in Umwegen, die mich voranbringen, kann ich seine Begleitung erkennen.
In aller Liebe, die ich erfahre, ist er da.
Das „Warum“ wird ortlos verhallen. Aber dass mein Leben eine neue Bahn gefunden hat, mag mir den Blick auf ein „Wozu“ eröffnen.
Ich beginne das „Wohin“ zu erahnen.
Und dieses „Wohin“ ist der Ankerpunkt meines Herzens und Hoffens. Johannes der Seher hat es uns aufgeschrieben. Auch so ein Haltewort für mich – wie das Versprechen Jesu, bei mir zu sein alle Tage.
Das „Wohin“,das Johannes beschreibt, ist ein Licht der Hoffnung in der Dunkelheit. Markiert den Zielpunkt all unserer Wege. Ist das Gute, in dem wir aufgehoben sein werden.
Und das wir schon da zu schmecken bekommen, wo wir Hilfe und Zuwendung erfahren, Nähe und Wärme, Orientierung und Kraft.
Das „Wohin“ ist das Ziel, auf das wir zugehen. Mit jedem Schritt. Es ist der Ort, an dem sich alles klärt. An dem nur noch Licht ist und Leben, wo wir aufgehoben sein werden in der Liebe selbst.
Johannes beschreibt unser „Wohin“ mit diesen Worten:
Danach sah ich einen neuen Himmel
und eine neue Erde.
Der frühere Himmel
und die frühere Erde
waren vergangen;
auch das Meer gab es nicht mehr.
Ich sah die heilige Stadt,
das neue Jerusalem,
von Gott aus dem Himmel herabkommen,
schön wie eine Braut,
die sich für ihren Bräutigam geschmückt hat.
Und vom Thron her
hörte ich eine mächtige Stimme rufen:
»Seht, die Wohnung Gottes
ist jetzt bei den Menschen!
Gott wird in ihrer Mitte wohnen;
sie werden sein Volk sein –
ein Volk aus vielen Völkern,
und er selbst, ihr Gott,
wird immer bei ihnen sein.
Er wird alle ihre Tränen abwischen.
Es wird keinen Tod mehr geben,
kein Leid und keine Schmerzen,
und es werden keine Angstschreie
mehr zu hören sein.
Denn was früher war, ist vergangen.«
Daraufhin sagte der,
der auf dem Thron saß:
»Seht, ich mache alles neu.«
Und er befahl mir:
»Schreibe die Worte auf,
die du eben gehört hast!
Denn sie sind wahr und zuverlässig.«
Dann sagte er zu mir:
»Nun ist alles erfüllt.
Ich bin das A und das O,
der Ursprung und das Ziel aller Dinge.
Wer Durst hat,
dem werde ich umsonst
von dem Wasser zu trinken geben,
das aus der Quelle des Lebens fließt.
Das alles wird das Erbe dessen sein,
der siegreich aus dem Kampf hervorgeht,
und ich werde sein Gott sein,
und er wird mein Kind sein. (Offb 21,1-7 NGÜ)
Amen.
Als seine Kinder sind wir auf dem Weg dorthin.Von ihm kommen wir. Mit ihm gehen wir. Auf ihn hin sind wir unterwegs.
Pastor Stephan Bohlen, Edewecht / Süddorf
Wenn das Gespräch abgebrochen ist…
Jahrelang war der Kontakt zwischen den beiden Brüdern abgebrochen. Erbstreitigkeiten! Das Recht des Erstgeborenen hatte er sich ergaunert. Den schon sterbenden Vater hatte er betrogen, um den Segen des Erstgeborenen zu erschleichen. Da blieb nur noch, den Kontakt zur Familie abzubrechen.
Nun steht aber ein Wiedersehen nach vielen Jahren an. Voller Angst und doch voller Vertrauen in Gottes Führung bereitet er sich auf diese Begegnung vor. Versöhnung sucht er, wiedergutmachen will er. Dafür ist ihm nichts zu teuer. Die Erfahrungen der zurückliegenden Jahre haben ihn zur Einsicht geführt. Das Leben soll wieder geordnet sein. So einen Streit hält man vielleicht einige Jahre aus. Aber soll solch eine Missstimmung der Schlussakkord des Lebens sein? Gestärkt durch das Gebet wagt er die Begegnung mit seinem Bruder.
Im Dunkel der Nacht macht er sich auf und lässt die Familie erst einmal zurück. Die Angst vor der Begegnung lässt ihn die Einsamkeit suchen.
Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. Und als er sah, dass er ihn nicht übermochte, schlug er ihn auf das Gelenk seiner Hüfte, und das Gelenk der Hüfte Jakobs wurde über dem Ringen verrenkt. Und er sprach: Lass mich gehen, denn die Morgenröte bricht an. Aber Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.
Bis zum Schluss bleibt nicht klar, wer in diesem Kampf siegt. Erst am Ende wird erkennbar, dass Jakob mit Gott gekämpft hat. Und Jakob sprach: Ich habe Gott von Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet.
In der Einsamkeit der Nacht beginnt das Grübeln. Da ringt er mit der Angst vor der Begegnung mit seinem Bruder. Da ringt er um das Vertrauen zu Gott. Übermächtig und erdrückend scheint die Angst zu sein. Soll er lieber ausbrechen aus dem Plan? Lieber alles so lassen, wie es ist. Vielleicht hilft Gott ja doch nicht, und dann bringt mich mein Bruder um… Wer gewinnt? Die eigene Angst, der Zweifel? Oder doch das Vertrauen, dass Gott da ist und hilft?
Ähnliche Fragen und Zweifel kennt fast jeder Mensch. Eigentlich will man glauben. Und dann gibt es Erfahrungen, die es einem schwer machen, da muss man um den Glauben ringen, manchmal auch in der Einsamkeit.
Jakob lässt in diesem Ringen Gott nicht los. Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn. Du hast es versprochen! Und Gott segnete ihn daselbst (…) Und ihm ging die Sonne auf; und er hinkte an seiner Hüfte.
Der Kampf hat ihn gezeichnet. Aber er geht gesegnet und gestärkt daraus hervor. Ihm geht die Sonne auf. Er kann der Begegnung mit dem Bruder entgegensehen.
Die Versöhnung zwischen den Brüdern gelingt: Esau lief ihm entgegen und herzte ihn und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Und sie weinten. (1. Mose 32 und 33)
Pastorin Dorothea Herbst, Apen/Augustfehn
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Matthäus 5,9
Friede sei mit dir, so begrüßen wir einander bei gottesdienstlichen Versammlungen. Gehe hin in Frieden. Oft ist das das letzte Wort, wenn wir auseinandergehen.
Frieden das ist das große Thema der Religion:
Gott schenke dir Frieden!
Wir sehnen und nach Frieden. Doch der Friede hat es in unserer Welt nicht leicht. Wie oft höre ich: „Da ist mal was vorgefallen, und nun reden wir nicht mehr miteinander“, oder auch „das verzeihe ich ihm nie!“ oder „ Dem oder der darfst du niemals vertrauen.“ Den Frieden zu wahren in unseren persönlichen Beziehungen, den Frieden zu entwickeln in unserem Verhältnis zu anderen Ländern und Religionen ist und bleibt eine Aufgabe, die es allezeit neu zu ergreifen gilt.
„Suche den Frieden!“ lautet darum die Aufforderung an uns Christen, aber nicht nur an uns.
Doch wie macht man das: Frieden stiften?
Ich glaube, ganz wichtig ist: Hinschauen, Interessen, Ängste, Erfahrungen, Wertvorstellungen wahrnehmen und ernst nehmen. Man muss sich Zeit füreinander nehmen und sich und den/die andere*n kennen lernen. Man muss miteinander reden und einander verstehen lernen. Die Ermöglichung von Begegnungsfeldern schafft Frieden.
Darüber hinaus ist es, glaube ich, wichtig: Ruhe zu bewahren. Aufgeregte und empörte Reaktionen, die die Emotionen explodieren lassen, tragen nicht zur Konfliktlösung bei. Man braucht Sachlichkeit und viel innere Gelassenheit. Wer Frieden stiften will, muss in sich Frieden haben.
Unablässig auf dem Weg zum Frieden ist auch die Bereitschaft zur Versöhnung. Man muss Frieden wollen und entdeckt haben, dass es mehr bringt, in Frieden das Leben miteinander zu teilen, als sich im Streit zu verlieren. Frieden bringt Gewinn. 75 Jahre Frieden in weiten Teilen von Europa haben segensreiche Spuren hinterlassen.
Im Frieden miteinander leben, das heißt vermutlich nicht: „Wir sind alle eins und allezeit einig.“ In Frieden miteinander leben, wird man nur können, wenn und solange man bereit ist, Unterschiede zu akzeptieren. Frieden und Toleranz gehören zusammen. Das müssen wir einander eingestehen: Du darfst anders sein.
Auf Dauer in Frieden miteinander leben, geht vermutlich auch nicht, ohne die Kraft der Vergebung. Ich rechne dir deine Schuld nicht zu. Das ist göttlicher Wille und göttliches Recht, dass wir einander vergeben, so wie Gott uns vergeben hat.
Und schließlich ist es wohl auch so. Ein friedliches Miteinander gelingt nicht ohne die Begrenzung der Freiheit. Wir brauchen Regeln, Gesetze, die Einigung auf Verfahrensweisen, damit wir uns nicht im Streit zerreiben. Frieden kann wohl nur gelingen in der Bereitschaft zur Selbstbegrenzung.
Selig sind die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Das heißt dann soviel wie: die Menschen wollen wir achten, die bereit zum Kompromiss sind, die sich nicht rücksichtslos gegenüber anderen durchsetzen, sondern Wege suchen und finden, wie es zum Ausgleich der Interessen kommt, so dass wir alle miteinander das Leben hier auf der Erde genießen und Gott für das Leben preisen können.
Pastor Friedrich Henoch, Rastede
Auf der Durchreise
Direkt neben dem Büro in dem ich arbeite, wurde in diesem Sommer ein Einfamilienhaus abgerissen. Das Haus stand schon einige Zeit leer und das Unkraut hatte sich überall ausgebreitet. Der Abriss ging schnell. In kürzester Zeit lag dort nur noch ein großer Schutthaufen. Der Abtransport war laut. Viele, viele Container wurden abgefahren.
In meinem Kopf kreisten die Gedanken:
Wer hat in dem Haus wohl einmal gelebt? Haben die Menschen sich dort wohlgefühlt? Was ist dort an freudigen und traurigen Dingen passiert? Gibt es noch jemanden der sich an diese Dinge erinnert?
Ein paar Wochen lang das Grundstück brach. Nichts erinnerte mehr daran, dass dort einmal ein Haus gestanden hat. Bei meinen Gedanken um die Menschen, die dort einmal gelebt haben, ist mir ein Bibelwort aus dem Hebräerbrief (Kapitel 13, Vers 14) in den Sinn gekommen:
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Ein, finde ich, passendes Bibelwort für den vor uns liegenden Monat November, mit seinen besonderen Sonntagen. Mit diesem Bibelwort drückt der Verfasser sich aus. Ein Mann des Glaubens. Er macht deutlich: Wir sind nur auf der Durchreise. Unser Ziel ist die zukünftige Stadt. Darauf dürfen wir uns freuen. Das vergangene ist in der neuen Stadt nicht mehr wichtig. Dort dürfen wir sein. Bei Gott, der uns von ganzen Herzen liebt. Ein tröstendes und Mut machendes Wort für alle, die sich wie ich, viele Gedanken machen. Aber auch für die Menschen, die einen lieben Menschen verloren haben. Die traurig sind. Und die schweren Herzens auf den Ewigkeitssonntag blicken, wenn die Namen der Verstorbenen in den Kirchen vorgelesen werden. Für uns alle, die wir auf der Durchreise sind.
Nun haben wir Anfang November. In den letzten Wochen wurde auf dem Grundstück viel gearbeitet. Schweres Gerät rückte an, es wurde ausgekoffert. Wieder fuhren viele Container, diesmal mit Sand an unserem Büro vorbei. Nun wird ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage gebaut. Bald werden dort auch wieder Menschen auf der Durchreise wohnen.
Ich werfe meine Gedanken um das alte Haus aus meinem Kopf. Denn ich glaube fest daran, was uns zugesagt ist.
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Bleiben Sie behütet.
Ihre Kerstin Grusemann-Wahl,
Lektorin in Apen / Augustfehn
Im Museum
„Diese Ausstellung MUSS man gesehen haben“ sagt Herr Wenner und wirft Gott einen ermutigenden Blick zu. Ob er denn schon öfter da gewesen sei, fragt Gott verwundert und Herr Wenner erklärt ihm fast entrüstet, dass er schon drei Mal dort gewesen sei. Das müsse man auch. Jedes Mal habe er wieder Neues entdeckt. „Also im künstlerischen Bereich macht mir wirklich keiner etwas vor.“ prahlt Herr Wenner und zählt stolz auf: „Ich habe ‚Das große Buch der Kunst‘ gelesen, besuche den VHS-Kurs ‚Malrausch am Abend’ und bin im letzten Italienurlaub den Dürer-Weg vom Südtiroler Neumarkt zu den Erdpyramiden von Segonzano im Trentino gewandert!“
Sie schlendern durch das Foyer, auf dem per Lichtinstallation der Schriftzug „Werke großer Künstler“ auf den Boden projiziert wird und kommen beim ersten Ausstellungsstück an. „Beeindruckend“ flötet Herr Wenner und ist ganz verzückt. „Diese Farben! Als würden sie einem entgegen kommen!“ Ob er so etwas schon mal gesehen habe, fragt Herr Wenner und blättert aufgeregt in seinem Kunstführer. „Täglich.“ antwortet Gott und Herr Wenner lässt das Buch sinken. „Täglich?“ fragt er und ist gleich Feuer und Flamme. „Also sind Sie ein richtiger Kunstkenner?“ Gott legt den Kopf ein wenig schräg und erzählt von den Ausstellungen, die er zur Zeit gerne besucht:
Von Landschaften, die sich im morgendlichen Nebel verstecken und bei denen er spüre wie die Feuchtigkeit in alle Poren ziehe. Von riesigen Blätterhaufen, die in allen Farben schimmern und durch die Gegend fliegen wenn ein Kind hineinspringt. Von Kranichen am Himmel. Witzig bemalten Kürbissen in Vorgärten - obwohl Halloween im Allgemeinen nicht so seins sei - und glitzernden Teichen mit ein wenig Entengrütze.
„Hmhm.“ murmelt Herr Wenner und verzieht das Gesicht. „Sie sind also eher im Naturalismus zu Hause.“ „So kann man es auch sagen.“ schmunzelt Gott und wirft einen Blick aus dem Fenster.
„Da gibt es aber noch einiges aufzuholen für Sie.“ erwidert Herr Wenner und zieht die Augenbrauen hoch. Jeder könne ja seinen Geschmack haben, aber „Sie müssen sich schon auch für das ganz Andere öffnen. Hier, sehen Sie sich mal diesen Picasso an.“ Er deutet auf ein Bild mit einem abstrakten Gesicht. Die Augen versetzt. Die Nase schief. Und die Haare bunt. „Das ist doch einmalig!“ schwärmt Herr Wenner, vertieft sich in das Bild und drückt Gott seinen Kunstführer in die Hand. Vielleicht habe er ja Lust sich in diesem Bereich noch ein wenig zu informieren.
Gott lächelt und betrachtet Herrn Wenner, wie er hinter seiner kleinen Brille die Augen zusammenkneift, um jedes Detail des Kunstwerks zu erkennen. Er beobachtet, wie seine Fingerspitzen leicht zucken, vor freudiger Erregung, immer wenn er wieder einen neuen Pinselstrich begutachtet. Und er zählt die feinen Haare, die Herr Wenner noch auf dem Kopf hat. Sie stehen etwas wirr ab und lassen schon sehr deutlich die Kopfhaut durchschimmern. Was ihn selbst ziemlich stört. „Ja.“ sagt Gott und gibt Herrn Wenner den Kunstführer zurück. „Wirklich einmalig!“
Vikarin Lina Kohring, Wiefelstede
Lieblingsorte
Es gibt nicht wenige Menschen, die auf Urlaubsreisen immer wieder gerne ganz bestimmte Orte aufsuchen. Orte, an denen sie sich wohlfühlen, wo sie die Seele baumeln lassen können und Kraft schöpfen können für die vor ihnen liegende Zeit. Das können Berge mit einer Aussicht sein, ein schöner Platz am Meer oder am Ufer eines Sees, vielleicht auch eine bestimmte Gaststätte, in die man immer wieder gerne einkehrt.
Doch es gibt viele Menschen, die nicht verreisen, weil sie es sich nicht leisten können oder weil ihnen am Reisen nicht gelegen ist. Und in der augenblicklich gegebenen Situation ist das Reisen ohnehin sehr erschwert. Deshalb ist es gut, wenn wir auch zu Hause Plätze haben, die für uns so etwas wie ein Lieblingsort sind: ein gemütlicher Sessel, im Sommer eine Bank im Garten oder was immer es sein mag.
Auch unsere Kirchen können Lieblingsorte sein. Und ich bin davon überzeugt, dass sie es für nicht wenige Menschen tatsächlich sind. Sie können selbst dann Lieblingsorte sein, wenn man sie nicht allzu oft aufsucht. Häufig verbinden Menschen wichtige Ereignisse in ihrem Leben mit einer ganz bestimmten Kirche. Sie freuen sich, wenn es einen Anlass gibt, wieder dorthin zu kommen. Und selbst Menschen, die sich von der Kirche abgewandt haben, macht es betroffen, wenn an ihrem Ort die Kirche geschlossen oder gar abgebrochen werden soll. Im Osten unseres Landes engagieren sich recht häufig auch Kirchenferne in Vereinen, die sich um den Erhalt alter Dorfkirchen bemühen.
Gottes Gegenwart, seine Liebe und Zuwendung zu uns ist nicht an bestimmte Orte, also auch nicht an Kirchen gebunden. Doch die Kirchen sind Orte, die uns seine Nähe ins Bewusstsein rufen und uns zur Besinnung und zum Gebet einladen, auch zur Feier der Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Sie sind Orte, an denen Menschen zur Ruhe kommen und Kraft schöpfen können. Für Menschen, denen diese Erfahrung geschenkt wird, werden immer wieder Kirchen zu Lieblingsorten.
Der Dichter des 26. Psalms hat sein Empfinden gegenüber dem Tempel, dem Gotteshaus des Volkes Israel, in die Worte gefasst:
„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“
Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen auch in diesen Wochen immer wieder möglich ist, an Lieblingsorten zur Ruhe zu kommen und aufzutanken.
Ihr Christoph Müller, Pastor in Rastede
Helles Leben
Es geht wieder los. Endlich! Wir können uns wieder von Angesicht zu Angesicht treffen. Der erste Kreisjugendausschuss in Präsenzform steht an. Das letzte Mal hatte man sich im Sommer und nur digital treffen können: im Rahmen einer »ZOOM-Konferenz«. Da saß man allein daheim zusammen vor dem Computer-Bildschirm und schaute sich auf kleinen bewegten Bildern an, blechern und hohl waren die Stimmen der anderen zu hören.
Sicher bieten solche Formen viele Möglichkeiten, die auch von der Jugendarbeit (und nicht nur dort) in der Zeit strikterer Corona-Beschränkungen eifrig genutzt wurden. Aber ein wirkliches Treffen von Mensch zu Mensch ersetzt das nicht. Zu viel bleibt im digitalen Sieb auf der Strecke.
Nun stand das erste wirkliche Treffen wieder auf dem Plan. Da ich die Sitzung eröffnen sollte, hatte ich ein »Wort zum Geleit« vorzubereiten. Was konnte ich sagen? Nicht schon wieder eine Corona-Nabelschau - das war mir klar. Auch kein Bad in den Befindlichkeiten. Also schaute ich in die Losung des Tages; da war zu lesen:
Meinst du, dass ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen,
spricht Gott der HERR,
und nicht vielmehr daran, dass er sich bekehrt von seinen Wegen
und am Leben bleibt?
Hesekiel 18,23
Ich bin als Licht in die Welt gekommen,
auf dass, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.
Johannes 12,46
In unseren Losungsbüchlein daheim - den auch für ältere Semester sehr zu empfehlenden »Die Losungen für junge Leute« war noch ein Zitat von Charles Haddon Spurgeon dazugesetzt:
Das Licht muss unser Leben sein, wenn unser Leben Licht sein soll.
Freude und Licht sind für mich die beiden entscheidenden Worte hier.
Gott freut sich, wo ein Mensch so lebt, dass sein Leben gelingt. Das Glück des Menschen beglückt Gott!
Um etwas finden zu können, braucht es Licht. Ohne Licht verliert man schnell die Orientierung und geht in die Irre. In der Regel stößt man sich nur - und es kann auch Schlimmeres drohen.
Gott will Licht sein, Orientierung geben, es möglichen, sein Lebensglück zu finden. Damit das gelingen kann, kommt Vertrauen ins Spiel. Dem Licht zutrauen, dass es mir hilft, den richtigen Weg zu finden. Das geschieht nicht abstrakt, sondern ist immer geerdet. Denn das Licht kommt durch andere Menschen zu uns, in unser Leben. Durch Menschen, die hilfreich sind, die unterstützen und tragen; die auch zurecht weisen und nicht nur zurecht bringen. Angesagt zu bekommen, was geht und was nicht, gehört dazu. Das aber funktioniert nur da, wo ich dem anderen zutraue, dass er es gut mit mir meint, in dem ich mich einlasse auf das, was er zu sagen hat, in dem ich ihm vertraue.
Ich glaube, durch solche Begegnungen kommt Gott in mein Leben, in unser Leben. Durch Momente, die uns den Blick klären, die hell sind und licht – manchmal auch erst in der Rückschau. Da erkennen wir, wie solch eine Begegnung eine Wendemarke sein kann, die uns geholfen hat, eine Herausforderung zu meistern oder unser Glück zu finden. Und wo das passiert, da freut sich jemand mit uns gemeinsam.
Jesus hat ein paar Geschichten davon zu erzählen gewusst: vom Schäfer etwa mit den 99 und einem Schaf, von der Frau mit ihren Silbergroschen - vor allem aber von dem Vater, der seinen Sohn wiederfindet…
Mögen jedem von uns viele solcher Licht-und-Freude-Momente zuteil werden. Gerade jetzt im Herbst. Und mögen wir in der Rückschau noch mehr solcher hellen Augenblicke finden können.
Als wir dann zu unserer Sitzung zusammenkamen, habe ich die Losung verlesen. Bin aber bei der Geschichte vom Vater und dem Sohn hängengeblieben. Die Liebe, von der hier erzählt wird, hat so viel Strahlkraft und so viel Licht, dass ich nur von dem Wunder und dem Glück erzählen mochte, das darin liegt, angenommen zu sein, Vergebung zu erfahren und neu anfangen zu dürfen. Und wie sehr ich davon lebe, dass meine Mitmenschen mir das ermöglichen. Gott sei es gedankt!
Ihr Stephan Bohlen, Edewecht
Der Sommer ist vorbei, ein offensichtlich schöner Herbst ist im Kommen. Das Ammerland scheint eine friedvolle grüne Oase in der immer trockener werdenden Welt zu sein. Aber das ist leider auch ein Trugschluß. Es wird auch bei uns immer trockener und die Menschen, welche sich mit der Qualität unseres Oberflächenwassers beschäftigen, schlagen Alarm. Da ist Kreativität und völlig neues ökologisches Management erforderlich. Aber dies sind Dinge, davon nehmen wir als Gärtner unseres kleinen Reihenhäuschens meistens nur nebenbei Kenntnis.
Dabei hat sich doch in diesem Sommer so unheimlich viel verändert. Einschränkungen bei Zusammenkünften, möglichst scharf durchgesetzte Hygienemanahmen, man reicht sich nicht mehr die Hand zum Gruß - ist fast wie in England, wie man als ein Fan der Krimiserie Barnaby gut im Fernsehen erkennen kann. Und zu diesen Einschränkungen kommt - fast nur noch nebenbei - dass es in diesem Jahr auch keine offene Straßenkirche gegeben hat. Viele werden das gar nicht besonders gemerkt haben. Aber es gibt etliche Menschen, denen dies schmerzlich fehlt.
Man braucht nur einen Blick in die Gästebücher der letzten Jahre zu werfen. Dort kann jeder Besucher, wenn er möchte, sich anonym verewigen. Wir finden Grüße, wir finden richtige Danksagungen für das eigene Leben und das von Freunden, Bekannten und Verwandten. Es finden sich auch tief ins Herz gehende Wehklagen von Leid und Schuld. Und die Bitte um göttliche Hilfe und Vergebung. Wir können nur erahnen, was die oder den Schreiben bewegt haben mag.
Vor einigen Jahren konnte man das folgende Gebet im Gästebuch lesen:
Ich bin nicht Hiob
– Du aber schlägst mich mit Krankheiten
und Gebrechen
Ich bin nicht Hiob
– Du aber nahmst mir meinen Sohn
Ich bin nicht Hiob
- Du aber schenkest mir voll ein
Ich bin nicht Hiob
– ich bitte um Vergebung
Wir wissen nicht, was diesen Menschen zu diesen Zeilen bewegt hat. Wir können es nur erahnen. Vielleicht kann die Straßenkirche im nächsten Jahr wieder für die Suchenden da sein.
Bleiben Sie gesund.
Lektor Eberhard Geier
Edewecht
Driving home for Christmas - mitten im September
Es ist ein sonniger Mittwoch mitten im September. Die Temperaturen haben mal wieder die 20 Grad-Marke geknackt. Die Stühle vor den Restaurants und Cafés sind noch gut belegt. Es ist ein sternenklarer Abend. Da stört Musik aus der Kirche das spätsommerliche Treiben:
I'm driving home for Christmas
Oh, I can't wait to see those faces
I'm driving home for Christmas, yeah
Well, I'm moving down that line
In der Kirche sind knapp 50 Jugendliche versammelt, natürlich mit dem nötigen Corona-Abstand. Vorne ist eine Bluetooth-Box aufgebaut und spielt die Melodie des bekannten Weihnachtshits ab. Nach der ersten Verwunderung beginnen die ersten leise zu lachen. Spontan fangen manche an leicht zur Musik zu wippen. Andere heben ihre Arme und bewegen sie im Takt. Eine freudige und ausgelassen Stimmung. Als das Lied zu Ende geht, macht sich direkt erwartungsvolle Stille breit. Driving home for Christmas - mitten im September?
Doch dieser Abend ist für viele der Jugendlichen eben kein normaler, sonniger Mittwochabend mitten im September. Für viele ist dieser Abend wie Weihnachten. Denn an diesem Abend endet eine erzwungene halbjährige Pause, in der die Teilnehmenden des Jugendkulturprojekts „alive“ nicht zusammen kommen konnten. Oder anders gesagt: An diesem Abend endet die schier endlose Zeit des Wartens. Warten auf die erlösende Nachricht, dass Gemeinschaft wieder möglich ist. Warten auf die glücklich machende Treffen mit Freunden. Warten auf die frohe Botschaft der Liebe Gottes, die sich in den wöchentlichen Andachten den Weg direkt in die Herzen der Jugendlichen sucht.
„Habt keine Angst! Seht doch: Ich bringe euch eine Freudenbotschaft. Im ganzen Volk wird große Freude herrschen. Denn heute ist in der Stadt Davids für euch der Retter geboren worden: Er ist Christus der Herr.“ (aus Lukas 2, 10+11)
Diese bekannten Worte aus der Weihnachtsgeschichte des Lukas-Evangeliums bekommen angesichts der Stimmung in der Kirche ein ganz neues Gewicht. Denn eine Freudenbotschaft ist es für viele. Und es ist so offensichtlich, wie groß die Sehnsucht nach der frohen Botschaft von Weihnachten ist. Gott wird in Jesus Christus Mensch. Und Gott möchte uns - Gott möchte dir begegnen. Dir ganz persönlich. Auf Augenhöhe. Und dieses Geschenk lässt auch heute noch die Augen funkeln - ganz so wie an Weihnachten die Kinderaugen.
An diesem Abend fahre ich mit der Melodie von „Driving home for Christmas“ nach Hause. Und ich bin dankbar dafür, dass die Liebe Gottes eben nicht nur an Heilig Abend in diese Welt kommt. Wenn sich die Wärme der Nähe Gottes spürbar unter uns ausbreitet ist Weihnachten, ja, auch mitten im September!
Diakon Markus Kohring, Rastede
„Blöde Ziege!“ – „Dumme Gans!“ - Ein Wort gibt das andere. Immer mehr schaukelt sich das Ganze auf. Bis es zuletzt sogar zu Handgreiflichkeiten kommt. Beleidigt, verletzt und erbost geht es nach Hause. Dampfend vor Zorn. Ich rede nicht von einer Auseinandersetzung zwischen meinen Liebsten daheim auch nicht vom desolaten Ausgang einer Dienstbesprechung oder einer lebendigen Diskussion mit Unterhaltungswert im Sozialraum eines Kindergartens. Nein, das sind Zitate aus einem wunderbaren kleinen Pixibuch mit eben diesem Titel von Isabel Abedi (Text) und Silvio Neuendorf (Bilder). Es fiel mir in die Hände – besser es wurde mir in die Hände gedrückt – bei der Vorbereitung des Schulanfängergottesdienstes in Edewechterdamm vor ein paar Wochen. Da hatten sich die Damen des Kollegiums so ihre Gedanken gemacht, was denn passen würde und hilfreich sei zum Schulanfang und sind auf dieses schöne Büchlein gestoßen. Gott sei dank! Denn dieses Büchlein ist ein Augen- und Herzensöffner. Eben weil es von zwei Seiten zu lesen ist: Ich kann vorne anfangen und lese „Blöde Ziege“. Dann erfahre ich, wie die kleine Gans einen ziemlich doofen Vormittag im Kindergarten erlebt hat. Oder ich drehe das Büchlein und lese „Dumme Gans“. Dann erlebe ich den nämlichen Tag aus der Sicht der kleinen Ziege. Und ich lerne: Es gibt bei Streitereien immer mehr als (m)eine Seite! Jede*r hat seine(n) Anteil(e) daran, wo etwas nicht gut läuft und die Beteiligten dabei sind, sich gegenseitig befeuernd munter die Treppe der Emotionen hochzujubeln und die Eskalationsstufen aufsteigend in Angriff zu nehmen. Dieses Heft fand mich in einem Moment, in dem ich so drauf war, wie Ziege oder Gans in der Geschichte. Ganz und gar nicht erwachsen und abgeklärt, sondern eher Kindergartenkind auf Sandkastenkampfniveau (die Ziege nimmt dort mit ihren Hörnern den Allerwertesten der Ganz ins Visier; die revanchiert sich mit einem beherzten Biss ins Gesäß des zustoßenden Huftieres). Manchmal ist das so. Dann kommt eins zum anderen. Und irgendwann knallt es dann. Schmollend geht es dann heim. Und es braucht eine Zeit – und manches gute Wort (oder den einen oder anderen Kilometer in flottem Galopp) – bis der Dampf sich verliert und der Kopf und das Herz wieder zueinander finden können. Bei Ziege und Gans klappt das. In der Mitte des Buches finden sie zusammen und tollen lachend im Gras.
Jesus hat einmal etwas vom „Splitter“ und „Balken“ gesagt. Sie erinnern sich gewiss: „Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr?“ – und fordert uns dann auf: „Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.“ (Lukas 6,41f)
Ich habe das Pixibuch nicht nur mit Freude, sondern auch mit Gewinn gelesen. – Und mich an die Worte des weisen Wanderpredigers erinnert. Vielleicht ist ja in diesen immer noch ein wenig "entschleunigten" Tagen ein bißchen Raum dafür, das eigene Beziehungswesen zu begutachten. Splitter und Balken zu identifizieren. Und den ersten Schritt zu tun. Nicht immer leicht. Aber darauf liegt Segen!
Beherzte Schritte unter herbstlich-heiterem Himmel aufeinander zu wünscht Ihnen,
Ihr
Pastor Stephan Bohlen, Edewecht
Ein gutes Wort zum Herbst
„Oh, ist das schön warm hier.“
Magda fühlt die Kälte aus den Knochen weichen.
Draußen ist es immer noch so kalt und nass.
Eigentlich soll ja noch Herbstsonne sein, aber hier im Norden. Naja, da kann es doch stürmisch zugehen.
Darum hat sie auch lange gezögert, ob sie doch noch rausgeht und die Freundin besucht.
Es ist immer ein etwas langer Weg mitten durchs Moor.
Und heute, wo der Wind scharf ist und es einem die Kälte unter die Haut treibt, da war die Überwindung doch groß.
„Komm, setzt dich gleich an die Ofenbank.
Ich mach uns schon mal Tee.“ Agnes ist ein wenig besorgt um die Freundin.
Richtig verfroren sieht sie aus.
Nun erst Wasser aufgesetzt und der Freundin schnell die warmen Puschen bringen, die schon auf dem Ofen vorgewärmt sind.
Die beiden Frauen sehen sich liebevoll an. Agnes weil sie sich so freut, dass Magda gekommen ist und sie heute mit ihr zusammen reden und lachen und das Herz ausschütten kann, wenn es das braucht.
Und Magda ist so dankbar, eine solche Freundin zu haben, die ihr die warme Ofenbank zurechtmacht und ihr schon vorgewärmte Puschen bringt.
„Da hat sie sich richtig um mich gesorgt und an mich gedacht. Oh, wie das gut tut!“, sagt sie zu sich im Stillen.
„Gottes Liebe ist wie ein herrlich glühend warmer Backofen“, sagte Martin Luther.
Gott, der uns mit Fürsorge und Güte und Wärme durchstrahlt, der unser Herz erwärmt und uns fühlen lässt, wir sind Gottes geliebte Kinder.
Ihre Pastorin Sabine Feuerhake, Reekenfeld
Fehler!
Oh nein, da ist es schon wieder passiert! Wie mache ich das jetzt bloß wieder gut?
Ein Fehler, ich hasse es, Fehler zu machen! Manche kleinen Fehler, die übersieht man vielleicht einfach… zumindest, wenn man gerade gute Laune hat. Andere Fehler können gravierende Folgen haben. Was, wenn die Ärztin bei der lebensrettenden Operation mit dem Messer abrutscht? Oder der Statiker die Decken oder Wandstärke des Hauses völlig falsch berechet? Dagegen ist die Vorstellung, dass die Pfarrerin den Termin für die Beerdigung vergisst, ja beinahe noch harmlos. Hilfe, denke ich da, wie viel Verantwortung wir immer wieder tragen – müssen, denn irgendjemand muss es tun. Natürlich sind wir für solche Aufgaben meistens extra ausgebildet, natürlich geben wir auch fast immer unser Bestes… Natürlich kann es passieren, dass wir trotzdem Fehler machen.
Auch in Partnerschaft oder Freundschaft, in der Kindererziehung, überhaupt, wenn wir unser Leben mit anderen teilen, machen wir immer wieder Fehler. Hier gibt es kein Studium und keine Ausbildung, es gilt „Lerning by doing“. Und vielleicht haben uns unsere Ursprungsfamilien das Zeug dazu mitgegeben, mit anderen zusammen zu leben. Vielleicht auch nicht. Fehler machen wir alle und manche Fehler verfolgen uns unser ganzes Leben lang.
Petrus hat auch einen üblen Fehler gemacht und sich richtig über sich selbst geärgert. Petrus war der beste Freund, den Jesus damals hier auf der Welt hatte. Sein engster Vertrauter und sein wichtigster Mitarbeiter am Reich Gottes. Als es ernst wurde und Jesus schon wusste, dass er nun bald verhaftet und getötet werden würde, da sagte Petrus zu ihm: „Ichlass dich nicht im Stich, niemals!“ Was für eine Zusage! Aber, Jesus wusste leider schon, dass Petrus den Mund zu voll nahm. „Ehe der Hahn kräht, wirst du dreimal gesagt haben, dass du mich nicht kennst.“, sagte Jesus zu Petrus. Und die folgende Nacht zeigte leider, dass Jesus mit seiner Behauptung Recht behalten sollte.
Armer Petrus! Der Hahn krähte und Petrus weinte bitterlich. Es dauerte nicht lange, da war Jesus tot. Petrus hatte ihn im Stich gelassen. Und nun blieb er allein zurück – mit seinem Versagen und seiner Schuld.
Aber, diese Geschichte ist noch nicht zu Ende. Sie geht weiter. Jesus stirbt für unsere Schuld. Dass das so ist, ist ein ganz wichtiger Teil unseres christlichen Glaubens. Jesus stirbt also auch für Petrus, seinen Fehler, sein Versagen. Er nimmt es mit seinem Tod auf sich. Petrus weiß das zu diesem Zeitpunkt aber vermutlich nicht.
Dann kommt es noch besser: Jesus wir von den Toten auferweckt, er lebt wieder. Jetzt sitzen die beiden einander am Ufer des Sees Tiberias gegenüber. „Hast du mich lieb, Petrus?“, fragt Jesus ihn. „Ja“, sagt Petrus, du weißt doch, dass ich dich lieb habe!“ Aber, Jesus fragt ihn noch ein zweites – und noch ein drittes Mal, immer das Gleiche. Schließlich seufzt Petrus und sagt: „Herr, du weiß doch alle Dinge, du weißt auch, dass ich dich lieb habe!“ Und Jesus gibt Petrus eine Aufgabe: „Weide meine Schafe!“ Auch das sagt er dreimal. „Kümmere dich um die Leute, die mich lieb haben!“, könnte man diesen Auftrag vielleicht übersetzen.
Petrus hat einen neuen alten Job. Er ist wieder verantwortlich. Es gilt, was jetzt kommt! Heute ist der Tag, an dem er wieder neu anfängt. Jesus traut ihm das zu, trotz allem, was war. Er bleibt sein bester Freund und wichtigster Mitarbeiter.
Und auch wir sind dran – heute! Heute ist ein neuer Tag zum Leben! Was meine Aufgabe ist, die ich anpacken soll, das weiß ich vermutlich selbst am besten. Und, es ist nicht egal, was wir tun, aber wir sind von Gott geliebt, obwohl wir Fehler machen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag!
Ihre Pastorin Kerstin Falaturi
„Ich dachte, das muss so sein!“, sagt der junge Mann, der mir gegenübersitzt. Er ist jung. Und er ist noch ganz aufgewühlt. „Ich hab´gedacht, das ist eben so! Jeder nimmt sich, was er will. So ist die Welt eben. Wer anders ist, als die anderen, der kriegt Druck! Schon in der Schule hab´ ich das erlebt. Die Botschaft war irgendwie immer: Pass Dich an. Setz dich durch!“ Er ist mit dieser Einstellung am Ende in einem tiefen Loch gelandet. Aber er hat zum Glück genau in dieser Situation andere gefunden, denen es genauso ging wie ihm. Und sie haben offen geredet: Wie es ist, wenn man immer vorsichtig, angepaßt sein muss. Wie man sich hinter einer Maske aus Coolness langsam verliert, immer rücksichtsloser wird. Eigentlich gar keine Gefühle haben darf. Denkt, man müßte ständig auf Draht sein, schneller sein und härter auch. Und gemeinsam stellten sie fest, wie wie schrecklich es ist, wenn man am Extrempunkt gar nichts mehr fühlt.
Er hat gemerkt, dass er so nicht leben kann und will.
Und ich habe ihn gefragt: „Machst Du jetzt was anders?“ „Ja“, sagte er, „ich habe aufgehört zu glauben, dass alle mir was wollen, dass das Leben ein ständiger Konkurrenzkampf ist. Ich gebe den Menschen nun erst einmal einen Vertrauensvorschuß. – Und, ehrlich gesagt, ist es ziemlich spannend, wie viele es doch eigentlich gut mit mir meinen. Meine Familie habe ich so richtig neu kennengelernt. Ich erlebe, dass sie mich tragen kann. Und dabei hab ich immer gedacht, meine Eltern sind von gestern und meine Geschwister haben ihre eigenen Sorgen.“ So kommen wir beiden in ein Gespräch über Barmherzigkeit und Güte. Und er sagt: „Ja, das ist das, was wir brauchen. Das ist wie Sonnenschein und Wasser für die Blumen.“ Und er strahlt dabei. Ja, und jetzt ist er hier und gibt mir diesen Vertrauensvorschuß! Und wir unterhalten uns – und ich freue mich für ihn. Und hoffe, dass er weitergehen kann auf diesem Wege.
Für die kommende Woche soll uns ein Satz des Jesaja begleiten. In diesem Satz kündigt er dem Volk einen Helfer an, einen Retter im Namen Gottes. Den ‚Gottesknecht‘ nennt er ihn. Und er sagt von ihm: Er wird ‚das geknickte Rohr … nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.‘ (Jes 42,3) Er kündigt einen Menschen an, der im Namen Gottes all die, die vom Leben ‚geknickt‘ sind, wieder aufrichten wird. Und all jene, deren Lebenslicht nur glimmt, wird er zu neuer Kraft wieder anfachen. Die Christen haben in dieser Botschaft des Jesaja schon früh einen Hinweis auf Jesus gesehen.
Bei Jesus gilt ein anderes Maß als in einer Welt, in der es hauptsächlich auf Leistung und Macht ankommt. Bei Jesus dürfen die Menschen Schwächen haben und auch zeigen – weil sie, na klar, an anderen Stellen ihre Stärken haben, mit denen sie andere reich machen können. Da ist ein Lächeln der beste Anfang für ein Gespräch. Da müssen wir nicht nach Geltung trachten, aufweisen, wie ‚gut‘ wir sind. Da dürfen wir einfach das sein, was wir sind: Menschen mit einem Herzen, mit Ängsten und Schwächen und Stärken.
Jesus hat aufgebaut, nicht abgebrochen; hat vergeben und nicht verworfen, hat heil gemacht und nicht aussortiert und weggeworfen. Barmherzigkeit und Güte hat er vertreten im Namen Gottes. Und die Liebe gepredigt. Wenn man so will hat er allen Menschen, denen er begegnete immer erst einmal einen ‚Vertrauensvorschuß gegeben‘, hat von ihnen das Gute erwartet und erweckt. Und um ihn herum ist eine andere Gemeinschaft entstanden. Eine Gemeinschaft, in der nicht das Gesetz des Stärkeren gilt, sondern wo man sich hilft, einander annimmt, die Schwachen schützt.
Da können wir in uns -und allen anderen- Gottes Kinder, seine Geschöpfe sehen, von ihm beseelt und geliebt. Und nicht ‚Mein Haus. Mein Auto. Meine Yacht‘ machen unseren Wert aus. Und auch nicht, ob wir schlank sind oder nach menschlichem Maß gutaussehend. Da zählt nicht, ob wir stärker sind, härter oder raffinierter als andere. Gott sieht uns mit den Augen der Liebe an und in der Liebe gehört ein Vertrauensvorschuß einfach dazu. Da gehören die Schwachen geschützt, die Geknickten aufgerichtet und die Verzagten gestärkt. Er weckt die Hoffnung, das alles, was unzulänglich war, nicht immer so bleiben muss. Und wir erleben dann zuweilen, wie gut das tut, anderen so ganz ohne Visier offen und vorurteilsfrei begegnen zu können.
Ja, ich wünsche mir, dass da manchmal mehr Barmherzigkeit in dieser Welt ist. Mehr Güte und Rücksicht. Und bin unendlich dankbar für alle, die es schon versuchen, anderen mit Freundlichkeit, Offenheit, Toleranz und Liebe zu begegnen! Lasst euch bloß nicht entmutigen…
Ihre Pastorin Regina Dettloff, Edewecht
Jesus Christus spricht: Wem gleicht das Reich Gottes, und womit soll ich's vergleichen? Es gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und warf's in seinen Garten; und es wuchs und wurde ein Baum, und die Vögel des Himmels wohnten in seinen Zweigen. Lk. 13, 18-19
Ich möchte Gott zutrauen, dass er etwas werden lässt aus dem, was ich säe. - Aber viel zu oft bin ich ungeduldig und kann es kaum erwarten, dass Ergebnisse sichtbar werden.
Ich möchte Gott zutrauen, dass er etwas werden lässt aus dem, was ich säe. - Aber viel zu oft nehme ich mich selbst zu wichtig und meine, alles selbst in der Hand haben und kontrollieren zu müssen.
Glaube heißt vertrauen. Glaube heißt, Gott zuzutrauen, dass seine Liebe wirklich mir gilt. Und meinem Nächsten auch.
Ohne säen geht es nicht. Das ist wahr. Es ist nicht egal, was ich tue. Wo ich nichts säe, kann auch nichts wachsen. Aber das ist es auch schon. Mehr ist nicht nötig und hilft auch nicht weiter.
Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und gedeihen steht in des Himmels Hand. Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn! (Ev. Gesangbuch 508)
Säen und ernten, hoffen und danken soll die Bewegung meines Lebens sein. Nicht mehr und nicht weniger. Aber das mit ganzem Herzen. Geduldig sein und die Augen öffnen. Das ist schon ganz viel. Den Baum sehen, der Schatten spendet. Den Vögeln lauschen, die seine Zweige bevölkern. Das Wunder bestaunen, dass aus einem klitzekleinen Senfkorn ein großer Baum wachsen kann. Aufmerksam werden für das, was andere gesät haben. Meine Nächste und meinen Nächsten in den Blick nehmen. Schwierigkeiten nicht ausweichen. Nach der Wahrheit suchen und finden, dass ich gefunden bin. Das Reich Gottes ist nahe.
Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Sommer
Ihr Kreispfarrer
Erste Szene: Ich gehe die Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich falle hinein. Ich bin verloren… Ich bin ohne Hoffnung. Es ist nicht meine Schuld. Es dauert endlos, wieder herauszukommen.
Zweite Szene: Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich tue so, als sähe ich es nicht. Ich falle wieder hinein. Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein. Aber es ist nicht meine Schuld. Immer noch dauert es so lange herauszukommen.
Dritte Szene: Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich sehe es. Ich falle immer noch hinein….. aus Gewohnheit. Meine Augen sind offen. Ich weiß, wo ich bin. Es ist meine eigene Schuld. Ich komme sofort heraus.
Vierte Szene: Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich gehe darum herum.
Fünfte Szene: Ich gehe eine andere Straße.
Die Corona-Epidemie. Ein Einschnitt. Und vermutlich eine Zeitenwende. Es wird wohl nichts mehr so sein wie es mal wahr. Gravierende Veränderungen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zeichnen sich ab. Und vielleicht auch Perspektivwechsel? Die 5 Szenen könnten entweder ein Leid-, oder ein Leitfaden für den heutigen Tag, aber auch für die kommende Zeit gelten. Wer entscheidet dies, ob es ein Leid- oder ein Leitfaden ist. Wohl jeder für sich, jeder einzelne. Wir sind hier ein Haufen von Menschen, die jeder eine eigene Geschichte , eigene Erfahrungen mitbringen. Lebensgeschichten, Kollegengeschichten, Gremiengeschichten, Beziehungsgeschichten. Und je nach den eigenen Erfahrungen, konstruiert auch jeder seine Sicht auf diese Dinge. Leid – oder Leit? Licht oder Schatten? Wo sind die Löcher in den Straßen, in die wir immer wieder hineinfallen? Gerade jetzt, da vieles so löchrig und brüchig wirkt? Wo kann man herumgehen? Und wo geht man eine andere Straße? Es gibt sie, diese tiefen Löcher. Es gibt Gerede, Gerüchte, Neid, Missgunst, andere in Löcher schubsen. Existenzängste um den Job oder die Gesundheit. Dinge tun, dass man als der Gute dasteht, Kommunikation vermeiden und lieber etwas hintenherum als direkt. Sich ständig mit dem eigenen Mangel zu beschäftigen, wo man meint, immer zu kurz gekommen zu sein. Und auch damit kann man sich beschäftigen. Und dabei stets den Blick nach unten in das Schwarze lenken. Sich im Jammern festhalten, dem anderen nichts gönnen. Aufpassen wie ein Luchs, dass man nicht über den Tisch gezogen wird. Sich bemitleiden, als Opfer sehen. „Es ist eben nicht meine Schuld“. Aber es gibt auch den Perspektivwechsel. „Meine Augen sind offen“, ich komme sofort wieder aus dem Loch heraus. Nach vorne gewandt, aus den Erfahrungen lernen, Neues wagen. In allem , manchmal auch dem Negativen, das Gute sehen. Das Gute sehen, wahrnehmen, mit offenen Augen, dem Negativen nicht so viel Raum geben. Dunkles und Finsternis gibt es zuhauf auf dieser Welt. Aber eben auch sehr viel Licht. Wir haben oft die Möglichkeit der Wahl: Die finstren Dinge im Leben zu sehen. Oder die hellen Lichtseiten in uns hineinzulassen. Freude am Leben zu haben. Das Schöne zu entdecken. Uns gegenseitig im Licht zu sehen. Ohne dabei naiv zu werden und die rosarote Brille aufzusetzen. Nicht an dem anderen zu nörgeln oder nur die Defizite zu bemängeln. Das kennen und können viele. Wir haben die Wahl, es anders zu tun. Abends am Lagerfeuer erzählte ein alter Indianer seinem Enkelsohn von einem Kampf, der in seinem Inneren tobt. Er sagte: „Mein Sohn, dieser Kampf wird von zwei Wölfen ausgefochten.“ Der eine Wolf ist böse: Er ist der HASS, der Zorn, der Neid, die Eifersucht, die Sorgen, der Schmerz, die Gier, die Arroganz, das Selbstmitleid, die Schuld, die Vorurteile, die Minderwertigkeitsgefühle, die Lügen, der falsche Stolz und das Ego. Der andere Wolf ist gut: Er ist die LIEBE, die Freude, der Friede, die Hoffnung, die Heiterkeit, die Demut, die Güte, das Wohlwollen, die Zuneigung, die Großzügigkeit, die Aufrichtigkeit, das Mitgefühl und der Glaube. Sein Enkel dachte einige Zeit über die Worte des Großvaters nach und fragte dann: “Und welcher der beiden Wölfe gewinnt den Kampf?” Der alte Cherokee antwortete: „Der den du fütterst!“ Amen.
Holger de Buhr, Pastor in Westerstede
Mit meinem Gott, kann ich über Mauern springen.
Psalm 18, 30
Ich mag diesen Spruch.
Gott hilft mir. Gott schenkt mir, dass ich etwas kann. Das ist das eine.
Und da sind Mauern. Die Mauern sind kein Hindernis das mich gefangen halten kann. Mit Gottes Hilfe vermag ich die Mauern zu überwinden - sogar überspringen kann ich sie.
Am Beginn eines neuen Schuljahres, Ausbildungsjahres, Corona-Situationsabschnittes? denke ich daran, dass Gott jedem eigene Fähigkeiten gegeben hat. Und wenn ich diese meine Fähigkeiten nutze, dann darf ich erleben, dass Gott an meiner Seite ist. Gott ist dabei, wenn etwas Neues anfängt, ein neuer Abschnitt, oder ein neuer Anfang.
Als wir uns Anfang Juli endlich wieder „echt“ treffen durften, haben wir bei einem Action Gottesdienst mit unterschiedlichen Stationen gleich mal ausprobiert, was wir können und worin wir besonders gut sind. Da gibt es ein Spiel, bei dem mehrere Personen einen an Seilen befestigten Kran bedienen um gemeinsam einen Turm zu bauen. Und gerade dieses Spiel haben die Teilnehmenden mit Eifer und Spaß betrieben. Wir waren verschieden groß, ganz unterschiedlich alt und eben zufällig zusammen. Wir haben probiert, umgekippt, wieder aufgestellt, noch einmal versucht, gelacht, und uns gefreut, denn wir haben es am Ende geschafft. Nicht die Wettbewerbe sondern Zusammenarbeit war eine der besten Fähigkeiten.
Nein, es geht nicht darum, Sieger im Mauerspringen zu sein.
Gerade auf die ganz kleinen Fähigkeiten möchte ich aufmerksam machen. Da ist zum Beispiel das Lächeln, ein leuchtender Funke nur im Auge, und soo viel ist gesagt - vielleicht eine Mauer zwischen Menschen überwunden?
Mit Gott über Mauern zu springen meint aber nicht nur, dass jeder etwas kann, einiges gut, etwas am Besten.
Schließlich ist dieser Spruch ein Teil von Psalm 18.
David betet, dass Gott ihn beschützt, ihn vor Feinden rettet und Freiheit gewinnen lässt.
Wenn ich mit meinem Gott über Mauern springe, springe ich in Freiheit.
Ich habe das ganz direkt erlebt. Damals 1989 lebte ich in Leipzig, gehörte zur Nikolai-Gemeinde und unsere Friedensgebete waren etwas ganz Besonderes - am Ende ist dann tatsächlich eine Mauer gefallen.
Aber die meisten Mauern sind ja nicht aus Stein. Und doch schränken Mauern unsere Freiheit ein.
Bin ich gefangen in Gewohnheiten? Bin ich gefangen in Konsumzwängen. Bin ich gefangen, weil mir meine Phantasie einfach keinen Ausweg aus einem eingetretenen Pfad zeigen kann? Bin ich gefangen in einer Situation, die ich mir vor gar nicht langer Zeit nicht hätte vorstellen können?
Es ist ein ganz wunderbares Geschenk, dass Gott uns immer und immer seine Hand reichen möchte.
Ein Versuch kostet nur den Mut es doch zu versuchen. Und die Erfahrung, es geschafft zu haben ist um so schöner.
Deshalb habe ich auf meinem Bild des Psalmspruches drei Ausrufezeichen gemalt.
Das erste heißt, ja das könnt ihr glauben. Ich habe es selbst erlebt. Vielleicht sieht es hinter der Mauer anders aus als ich dachte. Aber Gott hatte da seinen Plan mit mir.
Das eine Ausrufezeichen ist herzförmig, denn die Tatsache, dass Gott mich liebt und mir bei ganz kleinen und ganz großen Sprüngen in Liebe helfen will finde ich sehr wichtig.
Und dann sind es drei Ausrufezeichen. Ja, das ist vollkommen, mehr geht nicht.
Ich wünsche allen Glaubenskraft genug, um sich mit Gottes Hilfe an Mauern zu versuchen. Ich wünsche Ausdauer, wenn es nicht sofort gelingt, die Mauer zu bezwingen.
Und ganz besonders wünsche ich allen die gute Erfahrung auf überwundene Mauern zurückschauen zu können.
- Erst sah es ganz schön schwierig aus - Es ist geschafft - Und Gott war dabei!!!
Diakonin Evelyn Nell
Es passiert nichts –
doch dahinter steckt viel und erfolgreiche Arbeit
Vor ungefähr fünf Jahren, Anfang September 2015, besuchte ich das Beeka-Tal im Libanon, eine Hochebene, 900 Meter über den Meeresspiegel, 120 km lang, 12 km breit, ca. 1.450 km² groß. Die Hochebene grenzt direkt an Syrien. Seit dem Krieg in Syrien sind zu den 400.000 Einheimischen im Beeka-Tal noch einmal 400.000 Flüchtlinge dazu gekommen*. Es ist eine arme Gegend, die Versorgungsinfrastruktur ist bescheiden, Arbeit und Einkommen sind sehr beschränkt. Die Flüchtlinge leben in kleinen Zeltlagern auf Wiesen und Äckern, die sie von den Bauern gepachtet haben.
Zeltlager am Dorfrand im Beeka-Tal / Foto: Tilman Evers
Auf meiner Reise lernte ich Friedensfachkräfte und Community-Activists kennen. Sie arbeiten in den Dörfern und den dazugehörigen Zeltlagern. Sie wissen, was Spannungen zwischen Einheimischen und Zugewanderten erzeugt, sie können Interessenkonflikte analysieren und Wege zu gemeinsamem Handeln mit allen Beteiligten entwickeln. Sie bringen kommunale Verwaltungen dazu, einen oder auch den richtigen Schritt vorwärts zu tun, sie vernetzen und vermitteln. Sie durchkreuzen immer wieder Ab- und Ausgrenzungen. Genaueres können Sie hier nachlesen.
Die Friedensfachkräfte und Community-Activists sorgen mit vielen anderen Hilfsorganisationen dafür, dass diese Menschen nach wie vor so zusammenleben, dass unsere sensationsorientierte Presse nichts zu berichten hat.
Friedensfachkräfte und Community-Activists in Bar Elias / Foto: Peter Tobiassen
Während meiner Reise konnte ich im Fernsehen verfolgen, wie Deutschland die Grenzen für vor Krieg und Verfolgung fliehende Menschen öffnete. „Wir schaffen das“ war damals das Versprechen der Bundeskanzlerin. Heute können wir für das Ammerland sagen: Wir haben es gut geschafft. Denn im Ammerland gab und gibt es viele „Community-Activists“, Ehrenamtliche in der Arbeit mit Geflüchteten, die mit Tat und Rat geholfen haben. Sie haben vernetzt und vermittelt, Ab- und Ausgrenzungen durchbrochen, Deutschunterricht gegeben, Kinder betreut und in Kindergärten und Schulen begleitet. Alle trafen auf kommunale und Landkreisbehörden, die wussten, welche richtigen Schritte zu gehen sind. Auch im Ammerland ging die Sensationspresse leer aus. Es ist nichts passiert – eben weil auch hier wie im Libanon viel und erfolgreich gearbeitet wurde.
Wandmalerei in Baalbek / Foto: Peter Tobiassen
Die Friedensfachkräfte, Community-Activists und Ehrenamtlichen im Beeka-Tal und im Ammerland haben sich das zu eigen gemacht, was im Lukas-Evangelium (Lukas 1, 79) nachzulesen ist: „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“.
Peter Tobiassen, Evangelisches Bildungswerk Ammerland
*) Im Vergleich dazu das Ammerland: 728 km², 120.000 Einheimische, 4.000 Geflüchtete)
Die Frage nach Gott aus dem Homeoffice
– Verantwortung übernehmen!
Als die Schüler und Schülerinnen, nach der Corona bedingten Schulschließung, so nach und nach wieder in die Schule zurückkehrten, da war alles ganz anders. Die Klassen wurden halbiert und Unterricht in der Schule und Lernen zu Hause wechselten sich ab.
Die Schüler trafen nur die Hälfte ihrer Mitschüler wieder und auf den Gängen wurde nun Mundschutz getragen.
Nach der allmählichen Schulöffnung wurden zunächst nur die Kernfächer unterrichtet. Das Schulfach Religion gehörte nicht dazu. Es blieb „im Homeoffice“.
So bekamen Malin und Valentina aus Klasse 11 gemeinsam mit ihrem Religionskurs, die Aufgabe im Homeoffice eine Hausarbeit zu schreiben.
„Die Bibel als Inspiration für Literatur, Kunst und Musik“
Malin und Valentina tun sich zusammen. Per Video Chat. Sie vereinbaren, jeder recherchiert erst mal im Netz.
Malin stößt auf ein YouTube Video des Poetry-Slamers Marco Michalzik „Wo ist dein Gott jetzt?“
Der stellt all die Fragen, wo Gott denn angesichts des Leidens in der Welt denn sei?
Auch wenn der Beitrag von 2015 stammt, ist er mitten in der Pandemie 2020, wo viele geglaubte Gewissheiten plötzlich Kopf stehen, aktueller denn je.
Führt Leid immer zu Klage und Untätigkeit?
Diesen Poetry-Slam nehmen sich die beiden Schülerinnen vor. Der Text wird genau untersucht und kommentiert. Sie sind fasziniert.
Es gibt viele Fragen an Gott, wo er denn gewesen sei, und nichts gegen das Leid in vielen Situationen getan habe, angesichts der Krisenherde, der Kriegsgebiete, angesichts von Hunger, von Überschwemmungen und anderen Katastrophen.
Immer wieder:
GOTT, WO BIST DU?
Dann die Wende. Michalzik spricht Gott an:
“Und wenn du es doch kannst, warum hast du nichts dagegen getan? - Beschämendes Erkennen, du könntest mich dasselbe fragen!“
Malin und Valentina schreiben und interpretieren: Die Menschen können die Frage nach dem Leid nicht einfach an Gott abgeben, auf ihn abwälzen! Es ist zu leicht, ihn dafür anzuklagen und die eigene Rolle dabei ganz außer Acht zu lassen! Die Frage darf nicht lauten: Wo ist ER, sondern wo sind WIR? Die Schülerinnen erkennen, dass Gott, als Schöpfer der Welt, auch in uns Menschen ist.
Wir müssen Verantwortung übernehmen und wir müssen dem Leid begegnen. Gott braucht die Hände und die Herzen von uns Menschen! Wir müssen Hoffnung sähen, damit Gottes Liebe wirken kann.
Die Beiden formulieren ein Fazit mit Thesen zu Freiheit im Handeln und zu Verantwortung.
Verantwortung übernehmen vor Gott und für Gott und den Menschen.
Dann noch Quellen- und Literaturverzeichnis hinzufügen. Inhaltsverzeichnis, Gliederung, Deckblatt.
Ganz vorbildlich!
Termingerecht haben die beiden ihre Arbeit wieder auf dem Schulserver hochgeladen. - Fertig!
Ein paar Tage später sitzt die Religionslehrerin an ihrem Laptop im Homeoffice und ihr wird ganz warm ums Herz.
Sie freut sich, wie sehr sich die Schülerinnen im Homeoffice Gedanken gemacht und sich Mühe gegeben haben! Für so manchen Schüler und so manche Schülerin war die Zeit des Homeoffice eine großartige Chance. Sie konnten sich ausprobieren, forschen, und sich mit großen Fragen auseinandersetzen.
Sie kamen dabei zu eigenen neuen Erkenntnissen, die weit über den eigentlichen Lernstoff hinaus gingen!
Malin und Valentina haben erkannt, dass Verantwortung übernehmen die bessere Alternative zur Anklage Gottes ist. Ein großer Schritt in Richtung Erwachsenwerden!
(- und ganz nebenbei haben diese Zwei eine der großen Fragen der Theologie für sich beantwortet…)
Wenn du die Gabe hast, andere zu ermutigen,
dann mach es auch!
Hat Gott dir die Fähigkeit verliehen,
andere zu leiten, dann nimm diese Verantwortung ernst.
Und wenn du die Begabung hast,
dich um andere, die es nötig haben, zu kümmern,
sollst du es mit fröhlichem Herzen tun.
Röm 12,8
Wahnbek, Rastede
Auf dem Weg deiner Gebote gehen meine Schritte,
meine Füße wanken nicht auf deinen Pfaden.
Ich rufe dich an, denn du Gott, erhörst mich.
(Psalm 17, 5-6)
Wenn man in diesen Tagen durchs Ammerland, Oldenburger Land und Ostfriesland fährt, finden sich auffallend viele Straßenbaustellen. Die Kommunen nutzen anscheinend den Sommer, um dringend erforderliche Ausbesserungen und Erneuerungen durchführen zu lassen. Diese Baustellen, wie wichtig sie auch sind, bringen so manche Unannehmlichkeiten mit sich: Staus, Umwege, Fahrbahnverengungen und so manches Fahren über Schotter und noch nicht aufgefüllte Schlaglöcher. Wenigstens verhindert so manche Baustellenampel, dass sich zwei Autos auf einer schmalen Straße begegnen, da nimmt man das nervige Warten an diesen Ampeln doch lieber in Kauf als einfach drauf los zu fahren.
Ähneln diese Baustellen nicht auch unserem alltäglichen Leben? Unser Leben verläuft nicht wie auf Schienen, es geht längst nicht immer alles glatt. Probleme tauchen wie Baustellen vor uns auf und wir müssen Umwege in Kauf nehmen, ab und zu fahren wir aber auch mitten hinein und nehmen Schaden. Manchmal sind wir selber Schuld, wenn es kracht, manchmal jemand anders. Auf jeden Fall ist das Leben oft unberechenbar, so sehr wir uns auch bemühen. Sehnen wir uns nicht manchmal auch nach einer Lebensampel, die sagt, wann es besser ist anzuhalten und wann man fahren kann? Und nach jemandem, der uns einfach sagt, wo es jetzt lang geht? Der Psalmbeter aus dem Alten Testament wußte, dass letztendlich nur Gott unserem Leben die richtige Wegweisung geben kann. Seine Gebote sind wie eine Lebensampel, die uns mahnen und warnen. Sein Wort ist wie ein Wegweiser in unsicherer Gegend und in unsicheren Zeiten. Ich bin froh, dass Gott mein Begleiter ist. Denn die Baustellen des Lebens, sie bleiben nicht aus. Wie gut, wenn ich mit ihm dort hineinfahren kann.
Pastor Florian Bortfeldt, Idafehn
Kraft für den Alltag
Es berührt mich immer wieder neu, erleben zu dürfen, wie Menschen in Liebe miteinander umgehen. Ob bei Gesprächen zu Taufen oder Trauungen oder mit Konfirmand*inneneltern, ob bei Besuchen zu Geburtstagen oder Ehejubliläen oder einfach so, oder bei Beerdigungsgesprächen: in den Worten, die wir wechseln, scheint immer wieder die Liebe durch, die die Menschen miteinander verbindet. Und immer hat schon die Erzählung davon eine Kraft, die das eigene – eigentlich ja „fremde“ – Herz anzurühren vermag. Mir werden in solchen Momenten schnell die Augen feucht. Aber ich heule auch beim Fernsehen, im Kino oder im Theater...
Es ist schön, zu hören und zu erleben, wie die Liebe Menschen verändert, ihnen Kraft gibt und Zuversicht, Halt und Richtung. Es bereichert auch das eigene Leben, an solchen „Liebes-Erfahrung“ teilhaben zu dürfen.
Wie da zwei Menschen miteinander alt geworden sind. Wie sie zusammen Herausforderungen gemeistert haben, sich gegenseitig gestützt und getragen haben, sich Mut gegeben haben, wie sie zusammen getrauert haben und sich aus dem einen oder anderen Tal wieder herauskämpfen mussten: Hand in Hand. Und gegen so manchen Widerstand mitunter.
Wie einer sich übernommen hat, wie eine erkrankt. Allein ist und sich nicht zu helfen vermag. Und dann nimmt ihn ein anderer wahr, kommt eine zu ihr und fragt nicht lange, sondern macht. Und hilft, die Krise zu überwinden.
Wie ein Mensch den anderen wahrnimmt, ihn in dem, was ihn betroffen hat und beschäftigt oder gar bedrängt, erkennt. Sich Zeit nimmt, seinen Alltag unterbricht und ganz einfach da ist. Zuhört. Und Gemeinschaft schenkt.
Wie eine Freundschaft die Jahre überdauert hat: Wie sie den Sandkastenzeiten entwachsen, dem Jugendalter entsprungen und über die Jahre sich stetig gewandelt und vertieft hat, bis dahin, dass man sich im Stillen auch über die Distanz hinweg voller Zutrauen und Herzlichkeit, voller Verständnis und durchaus nicht unkritisch begleitet, beisteht, zu Hilfe kommt. Einfach da ist, wo und wann es darauf nötig ist und Not wenden kann.
So etwas mitgeteilt zu bekommen, so etwas selber erleben und leben zu dürfen, das ist für mich ein ganz kostbares Geschenk. Das gibt mir Lebenskraft und -mut. Die Energie für den nächsten Schritt.
Und manchmal denke ich dann: Das ist eine Gotteserfahrung! In der Liebe, in der Kraft, die darin steckt, da ist Gott. Das ist Gott. Und dann weiß ich: Es ist alles gut. Egal, was sonst noch ist. Solange die Liebe da ist – und sei es in der Erzählung der anderen, - ist alles gut.
Vielleicht ist es das, was mich immer wieder neu an diesen einen Satz aus der Bibel denken läßt: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. (1. Joh 4,16).
Viele gute und mutmachende Erfahrungen in Sachen Liebe wünscht Ihnen
Ihr Stephan Bohlen
So eine Zumutung! -
von den Herausforderungen des Miteinanders
Kennen Sie das auch: Angegriffen zu werden aus heiterem Himmel. Noch dazu vor vielen Ohren. Zuerst wundert man sich. Das kann doch nicht wahr sein. Ich höre wohl nicht richtig. Zu merken, dass es doch wahr ist und dann zu spüren, wie der Blutdruck steigt, das Gesicht sich rötet, der Puls sich erhöht, die Atmung sich beschleunigt. Die eigenen Gedanken in Unruhe und Unordnung geraten, so dass einem nicht das richtige Wort einfällt, um dem Gesagten direkt und treffsicher zu begegnen.
Augenblicke später hört man sich sprechen und ärgert sich zugleich über das, was die eigenen Lippen da hervorbringen. Unsachlich und nicht so richtig treffend. Knapp daneben ist auch vorbei. Dann der entwürdigende Rückzug: Marke „Beleidigte Leberwurst“. Und das ungesunde Wissen darum, dass einen der Ärger über das Geschehen noch Tage oder Wochen begleiten wird. Vor allem, weil es keine Möglichkeit gibt, das erlittene und empfundene Unrecht und die mutmaßlich vielleicht sogar berechnend zugefügte Verletzung heimzahlen zu können.
Und dann sitzt man in seinem stillen Kämmerlein und soll für den Sonntag feine Worte finden. Aber die finden zuerst einmal einen selbst:
„Vergeltet Böses nicht mit Bösem“, muss ich da im Predigttext für den 05.07. lesen, und:
„Habt den anderen Menschen gegenüber stets nur Gutes im Sinn.
Lebt mit allen Menschen in Frieden –
soweit das möglich ist und es an euch liegt.“
Na, jedenfalls gibt es eine Hintertür: „soweit das möglich ist und es an euch liegt“. Aber das steht ja alles unter dem Grundsatz, Böses nicht mit Bösem zu vergelten. Mist. Die Tür ist zu.
Gott mutet uns was zu. Vergeben zu können, ist so eine Zumutung Gottes. Oder ist das ein Zuspruch? Weil Gott es uns zutraut, einander vergeben zu können?
Gott hat Zutrauen zu uns. Auch, einander zu vergeben und neu miteinander anzufangen. Und das nicht ohne Grund. Denn er selber befähigt uns dazu, indem er den Grund legt, der uns Halt und Haltung geben will: Seine Liebe.
Das klingt abstrakt. Und manchmal fühlt es sich auch so an. Da kann ich mir das nur sagen: Dass ich von Gottes Liebe gehalten bin. Genauso wie der Mensch, der mir das Leben momentan nicht gerade einfach macht. Wir beide stehen auf demselben Grund. Die Basis stimmt. Daran kann ich mich erinnern. Darauf kann ich schauen. Mich selber nötigen, das zu sehen: wie ich gemeinsam mit dem anderen in Gottes Hand aufgehoben bin.
Das hebt den Ärger nicht auf. Auch die Verletzung ist nicht sofort weg. Und die Wut und Scham auch nicht. Auch die Wallungen im Gedärm sind nicht verpufft. Und das stille Grollen im Hinterkopf auch nicht. Und doch beginnt sich, etwas zu bewegen.
Mitunter hebt einen das dann doch über sich hinaus. Bis hin zu der Basis, auf die ich schon gehoben bin. Ich darf über mich hinaus wachsen. Dahin, wo ich seit meiner Taufe ohnehin schon stehe: In Gottes Liebe, die mir letztlich helfen kann, nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen. Wenn nicht jetzt, dann beim nächsten Mal. Denn Gott traut mir das zu:
„Habt den anderen Menschen gegenüber stets nur Gutes im Sinn.
Lebt mit allen Menschen in Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt.“
Das zu können und aktiv zu leben,
wünscht Ihnen und sich
„Lobe den Herrn, meine Kehle!“
„Lobe den Herrn, meine Kehle!“ Nein, das ist kein Verschreiber, das ist die tatsächliche Übersetzung des bekannten Psalmverses „Lobe den Herrn, meine Seele!“ Psalm 103 und 104 beginnen so. „Näfäsch“ ist zuerst einmal das hebräische Wort für „Kehle“, welches in Psalm 103 und 104 mit „Seele“ übersetzt wird. Im altorientalischen Denken ist mit dem Organ immer auch zugleich seine Funktion verbunden. Die näfäsch steht für den bedürftigen und begehrenden Menschen. Angst schnürt uns die Kehle zu, Freude lässt uns in der Kehle jubeln. Die näfäsch kommt als grundlegende Lebenskraft im Atem.
Atmen.
„Ich brauch frische Luft, damit ich wieder bisschen atmen kann“, singt Wincent Weiss in seinem Lied „Frische Luft“.
„Ich kann nicht atmen“, hauchte George Floyd, als ihm ein Polizist mit seinem Knie die Kehle abdrückte.
„Ich krieg hier keine Luft!“, das sagen oder fühlen wir manchmal unter Menschen, wenn die Atmosphäre unerträglich oder vergiftet ist.
Wenn wir aufgeregt sind, atmen wir schneller. Sind wir entspannt, atmen wir langsamer.
Viele Menschen sind krank und haben Probleme mit einem richtig guten Atmen. Sie wissen, wie unendlich wertvoll ein einziger gesunder, wohltuender Atemzug ist.
Manchmal gerät unser Leben aus dem Takt, wir sind nervös, verängstigt, gestresst, und wir werden krank. Da kann es helfen, ganz bewusst zu atmen. Unser Atmen können wir beeinflussen. Das hilft uns ruhig zu werden, zu entspannen, wieder in Gleichklang zu kommen, egal, welche Stürme auch toben in unserem Leben. „Qigong“ ist so eine bewusste Atemmeditation in Verbindung mit langsamen Körperbewegungen, die uns hilft, wieder ins Lot zu kommen, wieder ruhig und gelassen zu werden. Und frei. Und heiler.
Atmen.
Der erste Schrei eines Babys nach der Geburt lässt uns wissen: Das Baby hat gelernt selbständig zu atmen. Was für eine Erleichterung! Was für eine Glück und eine Freude!
Wir können auf vieles lange verzichten, aber auf das Atmen nur wenige Sekunden bis Minuten.
Wir atmen von unserer ersten Stunde bis zur letzten. Erwachsene Menschen atmen ungefähr 12-18 Mal die Minute, Kinder etwas mehr. Wir atmen ungefähr 720 Mal in der Stunde. 17.280 Mal an einem Tag. 6.307.200 Mal in einem Jahr. Und wenn wir 78 Jahre alt sind, haben wir ungefähr eine halbe Milliarde Mal geatmet. Bis wir unseren letzten Atemzug machen, unser Leben aushauchen.
Atmen.
Nicht atmen können – das haben viele erlebt, die an Covid-19 erkrankten und deren Lungen so befallen waren, dass sie künstlich beatmet werden mussten und die glückselig davon berichteten, wie wunderbar es war, nach der Genesung wieder selbständig und in vollen Zügen atmen zu können. Manchmal sehe ich in diesen Tagen, wie Menschen ihren Mund- und Nasenschutz kurz herunternehmen, einfach um Mal richtig Luft zu holen, die unter den stickigen Masken oft zu knapp wird. Wir haben Bilder vor Augen, wie in Experimenten die Verbreitung unserer Atemluft sichtbar gemacht wird. Wegen der Corona-Pandemie und der Verbreitung der Viren durch Aerosole.
Atmen.
Der Franziskaner Richard Rohr sagt, dass wir mit jedem Atemzug den hebräischen Namen Gottes - den die Juden nicht aussprechen, weil er so heilig ist - atmen. Jahwe. Wir schließen weder die Lippen noch benutzen wir unsere Zunge, wenn wir diesen Namen sprechen wollen. Damit ähnele der Name Gottes dem Geräusch unseres Ein- und Ausatmens. So spreche ich im Grunde mit jedem Atemzug den Namen Gottes, oder anders gesagt:
Ich atme den Namen Gottes. Ich atme den Namen dessen, der mir das Leben eingehaucht hat und durch den ich leben und atmen kann. Mit jedem Atemzug. Ich atme den Namen Gottes mit meinem ersten und mit meinem letzten Atemzug. Ich atme, ich hauche ihn mein ganzes Leben lang.
Ich wünsche Ihnen, dass ihr Atmen ihnen hilft heil zu werden oder zu bleiben!
Geh aus, mein Herz und suche Freud
Es ist wahrscheinlich das bekannteste und beliebteste Sommerlied in unserem Gesangbuch.
Paul Gerhardt hat diesem langen Gedicht eine schöne Ordnung gegeben, so wie Gott seine Schöpfung und seine Heilsgeschichte wohl geordnet hat. Nacheinander nennt er: die Bäume, das Gras, die Blumen, die Vögel, die wilden Tiere, die Tiere, die der Mensch züchtet und schließlich die Menschen selber, alles in seiner Ordnung, wie in der Schöpfungsgeschichte. Nach jedem Schöpfungstag schaut Gott hin und trifft wie ein Refrain immer wieder die Feststellung: „Siehe, es war gut.“ Und so wie in der Schöpfungsgeschichte stimmt Paul Gerhardt in das Lob Gottes ein: „Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen…“ Es folgen Gedanken, die über die irdische Schöpfung hinausweisen. Wenn es hier auf dieser Erde schon so wundervoll ist, wie dann erst dort im himmlischen Paradies! Am liebsten wäre er schon da; aber noch ist er auf dieser Erde, empfindet auch die harten Seiten des Lebens.
In den letzten drei Strophen verwandelt sich das Gedicht in ein Gebet. Ganz direkt redet er jetzt mit Gott. „Hilf mir und segne meinen Geist; mach in mir deinem Geiste Raum; erwähle mich zum Paradeis, so will ich dir hier und dort ewig dienen...“ Damit gibt es im Lied eine erstaunliche Umkehr: „Geh aus, mein Herz“? Nein, es ist umgekehrt: Nicht ich suche den himmlischen Garten. Sondern er, mein Herr und Gott, sucht den Garten in mir. Mein Herz, mein Inneres, soll der Garten werden, in dem er wirkt und umhergehen kann. Dort soll er seine Freude finden.
Auch wenn wir in einer ganz anderen Zeit leben und in anderen persönlichen Lebensumständen als Paul Gerhardt, so empfinden auch wir die Spannung zwischen der Schönheit der Schöpfung und den harten Seiten des Lebens. Und: Auch wir haben Hunger und Durst nach Freude, der Quelle der Lebenskraft. Nichts schlimmer, als wenn in uns selbst und in unserem Leben keine Freude mehr aufkommt, wenn Angst und Verunsicherung alles überdecken. „Die Seele nährt sich von dem, woran sie sich freut“, so der Kirchenvater Augustinus.
Wie können wir die Quelle der Freude für uns entdecken? Wenn wir den Duft der Blumen riechen, das Rauschen eines Baches oder das Singen der Vögel hören, wenn wir den Wind spüren, der durch die Bäume weht, dann lesen wir im „Buch“ der Schöpfung. Und im Buch der Bibel lesen wir von der Liebe Gottes und wofür er uns geschaffen hat: Zur Gemeinschaft miteinander und mit Ihm. Öffnen wir unser Herz und unsere Sinne für die beiden „Bücher“, die Gott uns geschenkt hat.
„Geh aus, mein Herz, und suche Freud.“ Machen wir uns auf den Weg, die Freude zu suchen! Die Jahreszeit lädt uns ja wirklich ein dazu. Wir finden sie, wenn wir unser Herz öffnen für die kleinen Dinge, die uns auf unseren Wegen begegnen. Und wir finden unsere Freude in Gott, in seiner Freude über uns. In seinem vorbehaltlosen Ja der Liebe, das er hat für uns. Er sucht uns, um in uns zu wohnen. Lassen wir uns finden. Einen sicheren Weg zur Freude gibt es in Anlehnung an ein altes Sprichwort „Wer andern eine Freude macht, fällt selbst hinein.“
Ihre Pastorin Petra Adomeit
#blacklivesmatter
Der Heilige Geist weht, wann und wo er will. Mit der Luft vergleicht die Bibel das Wesen des Geistes. Von Anfang an. Auf den ersten Seiten der Bibel wird erzählt, wie sich die „Geistin“ Gottes über der Urflut hin und her bewegt. Luft belebt und aktiviert. Luft ist Leben. Wo Gottes Geist weht, da geht es lebendig zu. Da sind Vitalität, Lebensfreude, Lebenskraft und Zuversicht – vielleicht ein guter Indikator auch für die Anwesenheit des Geistes in einer Gemeinde.
„Ich kann nicht atmen“ – das sind die Worte von George Floyd. Gesprochen, nein: hingehaucht mit letzter Kraft – am Montag, bevor wir Pfingsten gefeiert haben. Letzte Worte. „Ich kann nicht atmen“.
Seitdem geschieht viel in den USA. Ein Wind weht durch das Land – und hat inzwischen weite Teile unserer Erde erfasst. Der Geist der Mitmenschlichkeit und des Mitgefühls hat viele, viele Menschen ergriffen. Und nicht nur in Nordamerika. Auch bei uns und anderswo. In München, Berlin, Köln und Oldenburg und vielen anderen Orten lassen sich Menschen vom Geist des Lebens bewegen. An anderen ist dieser Windhauch vorüber gegangen. Vielleicht haben sie sich ihm gegenüber auch verschlossen. Das kann verschiedene Gründe haben. Einer mag darin liegen, einen Unterschied zu machen zwischen den Menschen, sie einzuteilen, je nachdem, wie sie aussehen, woher sie mutmaßlich kommen. Sie zu bewerten nach ihrer Hautfarbe etwa.
Dass Menschen eine solche Einteilung von ihresgleichen unternehmen, kommt nicht nur in den Vereinigten Staaten vor. Es geschieht auch bei uns. Vielleicht sogar in der eigenen Familie, in der Nachbarschaft, im Verein, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde... Da sieht einer anders aus, wirkt fremd, spricht anders... Wer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, wer ein Herz hat zu vernehmen und den Mut wahrzunehmen, der weiß, worum es geht. Der kennt das. Und das kann einem schon den Atem rauben. Vor Erschrecken. Wie nah es doch ist, dieses Ungeheuerliche, dieses Monstrum. Mag sein, auch in mir. Vielleicht ist es noch ganz klein. Ein Zwerg. Aber es ist da. Und es will wachsen. Und es wird genährt. Es weiß, sich seine Bissen zu verschaffen. Findet seine Häppchen zwischen den Zeilen: Woher kamen doch noch die da aus Göttingen... ? Und diese Gemeinde aus Bremerhaven, das waren doch vor allem welche aus...? Die da krank waren in der Fleischindustrie, die gehörten doch gar nicht zu uns...? Hast Du gesehen, wie es da aussah, wo die wohnten? - Steckt so ein Denken vielleicht auch in mir? Wo fängt es an? Wo führt es hin? Wo hört es auf? Da, wo der Mensch mit mir nicht mehr zu atmen vermag.
Als die „Geistin“ – als Gottes Lebensatem – über den Wassern der Urzeit sich hin und her bewegte, schuf Gott den Menschen. Den Menschen. Als sein Ebenbild. Durch seinen Lebensatem belebt. Es gibt Unterschiede zwischen den Menschen. Ohne Zweifel. Jedes Menschenkind ist anders. Anders schön. Und alle sind Gottes Kinder, Gottes Ebenbild. In allen will Gottes Lebensatem zum Zuge kommen. Durch alle will Gottes Lebensatem schöpferisch in unseren Alltag hineinwehen und -wirken.
Wie segensreich das ist, das können wir im Leben vieler Menschenkinder ablesen. Angefangen hat das vielleicht mit einem herumvagabundierenden Handwerkersohn, der so ganz anders war und lebte, als man sich im Ammerland landläufig einen braven Schwiegersohn vorstellt. Durch ihn kam dieser Lebensatem zu den Menschen – und hat sie lebendig gemacht. Auf vielfältige Weise. Über alle Grenzen hinweg. Die Liebe, die er gelebt hat, die durch ihn in unseren Alltag weht, sie mag uns atmen lassen und uns stark machen dafür, Leben zu bewahren und zu schützen. Und allem entgegen zu treten, was jenen frischen Wind des Lebens hindern will. Damit alle atmen können.
Pastor Stephan Bohlen
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